Der Bartkauz gehört zu den größten europäischen Eulen. Als Brutvogel ist er in den holarktischen Regionen der Nordhalbkugel verbreitet und brütet in den borealen und Bergzonen Eurasiens und Nordamerikas.
Seine wesentlichen europäischen Verbreitungsgebiete liegen in Nord-Norwegen, Nordost-Schweden, Russland, teilweise in Ost-Polen und im östlichen Baltikum. Der europäische Gesamtbestand wird auf 2.100-6.700 Brutpaare geschätzt, wobei der aktuelle Trend unbekannt ist.
Systematische Einordnung:
Ordnung: Eulen (Strigiformes)
Familie: Eulen (Strigidae)
Gattung: Eigentliche Eulen (Strix)
Art: Bartkauz
Beschreibung:
Wissenschaftlicher Name: Strix nebulosa
Artname in Englisch: Great Grey Owl
Artname in Französisch: Chouette lapone
Artname in Niederländisch: Laplanduil
Artname in Finnisch: Lapinpöllö
Artname in Dänisch: Laplandsugle
Artname in Schwedisch: Lappuggla
Artname in Polnisch: Puszczyk
Vorkommen / Verbreitung: Der Bartkauz ist ein Brutvogel der Holarktis und dort in den borealen Zonen und den südlichen Bergländern Eurasiens und in Nordamerika verbreitet. Im Westen des nordamerikanischen Kontinents reicht das Verbreitungsgebiet von Alaska über Kanada bis zum 37. Breitengrad Nord in Kalifornien. In Asien reicht das Verbreitungsgebiet bis an den Pazifik und die Halbinsel Sachalin.
In Europa befinden sich die wesentlichen Verbreitungsgebiete in Nord-Schweden, Finnland, und Russland im Norden, dort nur bis zum 70. Breitengrad Nord. Weiter südlich brüten Bartkäuze noch im östlichen Baltikum, in Weißrussland und teilweise noch in der Ukraine.
Wanderungen: Standvogel mit Zerstreuungswanderungen der Jungvögel. Nomadisierende Altvögel ziehen nie weiter als 110 km vom ehemaligen Revier entfernt. Bei Nagetiergradationen und extremen Wintern teilweise Ausweichbewegungen bis in die Ukraine und bis nach Süd-Skandinavien.
Lebensraum – Biotop: Alte Bestände, mit hohen Bäumen von Fichten und Kiefern, wobei dichte Nadelwaldbestände bevorzugt werden. Die Jagdreviere liegen in der Nähe von Lichtungen, Mooren und Kahlschlägen. Im Winter sind Bartkäuze auch auf offenen Flächen unterwegs.
Siedlungsdichte: Kleine Reviergrößen. Der Bartkauz zeigt sich sehr tolerant gegenüber Nachbarn. Die Abstände zwischen Nistplätzen betragen teilweise nur 100 m.
Verhalten: Dämmerungs-, nacht- und auch tagaktiv. Jagd nur in übersichtlichem Gelände, von Warten aus. Meistens Einzelgänger. Im Winter und auf Wanderungen auch gesellig in kleinen Gruppen.
Kennzeichen: Der Bartkauz gehört zu den größten europäischen Eulen. Nur Uhu und Schnee-Eule sind noch grösser. Überwiegend graues Federkleid. Sehr großer Kopf mit, im Vergleich dazu, kleinen Augen. Gesichtsschleier mit dunkler Wellenzeichnung. Schwarzer, bartartiger Streifen unterhalb des gelben Schnabels.
Schnabel: gelb
Zehen: dunkel
Iris: gelb
Größe: 62-70 cm; ♂ Ø = 65 cm, ♀ Ø = 67 cm
Schwanz: ♂ Ø = 292 mm, ♀ Ø = 307 mm
Gewicht:
♂: 500-1175 g, Ø 900 g
♀: 700-1500 g, Ø 1200 g
Spannweite: 128-148 cm; ♂ Ø = 139 cm, ♀ Ø = 146 cm
Flügellänge:
♂: 43,2-47,7 cm
♀: 44,3-48,3 cm
Stimme - Ruf: Der Reviergesang des ♂ besteht aus 10-12 dumpfen „ho-ho“-Rufen. Das ♀ ruft nur selten. Neben dem Reviergesang auch gedämpftes „wuhu wuhu“.
Geschlechtsreife: Beim Bartkauz tritt die Geschlechtsreife schon im ersten Jahr ein; nach 11 Monaten. Die Brutreife wird meistens erst im dritten Jahr erreicht.
Paarungszeit: monogame Saisonverbindung. Durch die hohe Brutplatztreue ist auch mit wiederholten Wiederverpaarungen zu rechnen. Vermutlich erfolgt die Paarbildung nach dem Winter erst im Brutgebiet. ♂ fangen mit dem Reviergesang ab Mitte Februar bis Anfang März an. Bei der Balz zeigt das ♂ gleichzeitig den zukünftigen Brutplatz (Nest) an. Nestzeigen und Nestlocken führen dann auch zu einer Beteiligung des ♀, jedoch löst die Balz keine Arbeiten am Nest aus, da Eulen zu Nestbauarbeiten nicht in der Lage sind.
Brutrevier: Sofern winterliche Bedingungen mit hohen Schneedecken und Unerreichbarkeit von Beutetieren nicht zu einem kurzfristigen Verstreichen führen, bleiben Bartkäuze das ganze Jahr über im Brutrevier. In den ganzjährig besetzten Brutrevieren werden zukünftige Nester bereits während der Herbstbalz im November besichtigt. Die Nestbesuche des Brutpaares finden ca. 2-3 Wochen vor der Eiablage statt.
Bruten: 1 Jahresbrut
Eiablage: Ab April bis Mitte Mai.
Brutzeit: Ende April bis maximal Ende Juli
Nest: Es wird kein Nistmaterial eingetragen. Meistens werden die ehemaligen Baumhorste von Greifvögeln übernommen.
Neststandort - Brutrevier: Nester auf Bäumen, selten am Boden (in gescharrten Mulden) oder auch auf Bäumstümpfen.
Gelege: (selten 1-) 3-5 (max bis zu 7) Eier
Eier: kurzelliptisch teilweise auch ziemlich rund, bei matter, weißer Schale.
Eimaße und Eigewichte:
Länge: 48,6-58,1 mm
Breite: 39,0-47,0 mm; Ø: 52,7x42,7 mm
Frischvollgewicht: ca. 50 g
Schalengewicht: 3,27-5,10 g; Ø 4,48 g
Nachgelege: Vollständige Gelege, die verlorengehen, werden spätestens nach 30 Tagen ersetzt.
Legeabstand - Legeinterval: 2-3 Tage. Das ♀ nimmt die Bruthaltung bereits 1-2 vor Ablage des ersten Ei ein.
Brutbeginn: Mit Ablage des ersten Ei beginnt das ♀ fest zu brüten. Täglich werden 1-3 Brutpausen von jeweils 3 Minuten eingelegt. Während dieser Pausen verlässt das ♀ das Nest und nimmt einen Sitzplatz ein, um sich dann den angesammelten Kot auszuspritzen. Das Ende der Brutpause wird immer von Kopulationen begleitet.
Brutdauer: 29,5-30 Tage, es brütet nur das ♀ welches vom ♂ versorgt wird. Das ♂ bringt täglich 3-5 Beutestücke zum Horst.
Schlüpfen: Die Jungen schlüpfen in einem Abstand von 1-1½ Tagen. Damit liegt der Schlüpfintervall unterhalb des Legeintervalls. Eierschalenreste werden vom ♀ zerbissen und verschluckt.
Nestlingsdauer - Führungszeit: anfangs blinde Nesthocker, die in den ersten 2 Wochen intensiv vom ♀ gehudert werden. Das ♀ sorgt in den ersten Wochen auch für die Sauberkeit in der Horstmulde: Kotbatzen der Jungen und Gewölle werden von ihr verschluckt. Nach den ersten 4-6 Tagen öffnen sich erstmals die Augen der Jungen. In den ersten Tagen reißt das ♀ Fleischstücke von der Beute ab und hält diese den Jungen mit dem Schnabel hin. Ab dem 10. Tag beginnen die Jungen bereits selbständig damit, nach den Fleischstücken im Schnabel des Altvogels zu schnappen. Nach 2 Wochen werden bereits ganze Mäuse zum Verzehr angeboten. Vor dem Verlassen des Horstes können die Jungen bereits gehen, springen und klettern. Den Horst verlassen die Jungen frühestens nach 21 Tagen, im Allgemeinen nach 26-29 Tagen.
Flügge: Die noch flugunfähigen Jungen springen aus dem Horst zu Boden, wo sie sich dann im Flatterflug fortbewegen. Vom Boden aus versuchen sie dann an schrägen Stämmen hochzuflattern, um sichere Sitzplätze zu erreichen. Schon kurze Zeit später können die Jungen, unter Zuhilfenahme von Krallen und Schnabel, auch an senkrechten Baumstämmen hochklettern. Der erste Flug ist erst ab dem 33. Tag möglich. Erst nach 40 Tagen sind erste kurze Flugstrecken von bis zu 4m Reichweite möglich und erst nach 55 Tagen können sie sicher fliegen. Die volle Flugfähigkeit ist erst nach 70 Tagen (10 Wochen) erreicht.
Nahrung: Die Hauptnahrung besteht aus Mäusen. An vorderster Stelle stehen Wühlmäuse, die während der Brutzeit bis zu 90% der Nahrung ausmachen. Außerhalb der Brutzeit weitet sich das Spektrum der Beutetiere und dann werden auch Spitzmäuse gejagt. Von den Säugetieren werden dann Tiere bis zur Größe von Eichhörnchen gefangen, teilweise auch Schneehasen; bei den Vögeln werden Beutetiere bis zur Größe von Schneehühnern gejagt.
Lebensdauer: Der älteste bekannte Ringvogel, ein ♀ aus Schweden, erreichte ein Lebensalter von 17 Jahren. In der Gefangenschaft können Bartkäuze mindestens 29 Jahre alt werden.
Mortalität - Sterblichkeit: Im ersten Jahr liegt die Sterblichkeit bei bis zu 47%.
Feinde und Gefährdungen: Altvögel können von größeren Prädatoren geschlagen werden: Steinadler, Habicht, Uhu, teilweise auch Opfer des Luchs. Nestplünderungen durch Kolkraben, Baummarder und Braunbären. Nestlinge können durch Massenbefall von Stech- und Kriebelmücken eingehen. Durch den einsetzenden Klimawandel könnte es zu einer Verschiebung der Brutzeiten und somit zu verringertem Beuteaufkommen kommen.
Jagdbares Wild: Nein
Jagdzeit: Nein, Naturschutz
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1+2, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 3, Literatur und Anhang, Aula Verlag Wiebelsheim, 2. vollständig überarbeitete Auflage 1993
Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, AULA-Verlag Wiesbaden, 1985
Bruun/Singer/König/Der Kosmos Vogelführer, Franck'sche Verlagshandlung Stuttgart, 5. Auflage 1982
Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 9, Columbiformes - Piciformes, Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 1980
Mebs, Theodor et. al, Die Eulen Europas, Franck-Kosmos Verlags GmbH, 3. komplett überarbeitete Auflage 2020
Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011
Ei des Bartkauz, Attribution: Von Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37932431; File URL: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/70/Strix_nebulosa_MWNH_0644.JPG; Page URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Strix_nebulosa_MWNH_0644.JPG