Die Dreizehenmöwe siedelt in sub- und hocharktischen Gebieten der Holarktis an den Küsten gemäßigter Zonen. Als Brutvogel reichen die Brutgebiete zirkumpolar von Grönland, Island, über West-Russland nach Ostsibirien und von dort nach Alaska und Kanada. Als voll an das Leben auf dem offenen Ozean angepasste Möwe kehrt die Dreizehenmöwe nur zur Brutzeit an die Küste zurück.
Außerhalb der Brutzeiten ist die Dreizehenmöwe ein seltener, jedoch regelmäßiger Wintergast an der Nordseeküste (vor allem in den Niederlanden) und teilweise auch an der Ostseeküste (selten).
Der europäische Brutbestand wird auf ca. 2,1-3,0 Millionen Brutpaare geschätzt. Die größten Brutvorkommen befinden sich auf Island (631T Brutpaare), Norwegen (300-600T Brutpaare), Großbritannien (380T Brutpaare), Färöer (230T Brutpaare), Grönland (150-300T Brutpaare), Spitzbergen (265-275T Brutpaare).
Die einzige deutsche Brutkolonie der Dreizehenmöwe befindet sich auf der Insel Helgoland und umfasst ca. 8500 Brutpaare.
Systematische Einordnung - Taxonomie:
Ordnung: Schnepfen-, Möwen- und Alkenvögel (Charadriiformes)
Familie: Möwen (Laridae)
Gattung: Dreizehenmöwe (Rissa)
Art: Dreizehenmöwe
Wissenschaftlicher Name: Rissa tridactula
Artname in Englisch: Black-legged Kittiwake
Artname in Französisch: Mouette tridactyle
Artname in Spanisch: Gaviota
Artname in Italienisch: Gabbiano tridattilo
Artname in Niederländisch: Drieteenmeeuw
Artname in Finnisch: Pikkukajava
Artname in Dänisch: Ride
Artname in Norwegisch: Krykkje
Artname in Schwedisch: Tretåig mås
Artname in Isländisch: Rita
Artname in Polnisch: Mewa trójpalczasta
Artname in Russisch: Моевка
Vorkommen / Verbreitung: Brutvogel mit zirkumpolarer Verbreitung und holarktisch in den Küstenbereichen der gemäßigten Zonen bis zum 47. Breitengrad N; auch in der Hocharktis. In Europa von Südwest- bis Nordwesteuropa verbreitet, dort aber nur auf der Insel Helgoland und an der Nordspitze Dänemarks. Ferner verbreitet auf Grönland, Island, West-Russland bis Ost-Sibirien, Alaska und Kanada.
Wanderungen: Brutvögel aus Europa Island halten sich im Nordatlantik auf, von der Packeiszone bis nach Süden zum Sargasso-Meer. Brutvögel Grönlands ziehen nach Westeuropa. Nach dem Flüggewerden der Jungen fangen die Altvögel ab Ende Juli bis Mitte August an abzuziehen. Ab Oktober setzt dann ein umfassender Wegzug ein, wobei die Jungvögel nach dem Flüggewerden meist noch im näheren Umkreis der Brutkolonien verbleiben. Insgesamt beginnt der komplette Wegzug der Jungvögel vor dem der adulten Vögel. Der Wegzug aus den südlichsten Brutrevieren dauert noch bis in den März an. Hingegen setzt der Rückzug der brütenden Vögel in Großbritannien schon im Januar wieder ein. Die Nichtbrüter verbleiben in den Küstengewässern der Wintergebiete oder am Packeisrand. 2-3-Jahre alte Dreizehenmöwen tauchen allgemein nur vereinzelt an den Peripherien der Brutkolonien auf.
Überwinterung: Die wichtigsten Wintergebiete sind: im Nordatlantik von der Packeiszone südlich bis zum Sargasso-Meer (Seegebiet östlich von Florida), Azoren, westliches Mittelmeer, östliches Mittelmeer nur bis zur Ägäis, vereinzelt bis nach Senegal und bis nach Südafrika; Westeuropa, Irland, Großbritannien, Küstengebiete von Belgien, Niederlande, Deutschland und Dänemark.
Lebensraum – Biotop: Die Dreizehenmöwe ist eine vollkommen an das Leben auf dem Ozean angepasste Möwe, die nur Brutzeit in die Küstenregion kommt. Dreizehenmöwen brüten an Küsten, dort an steilen Felsen und auf kleinen Inseln. Im Binnenland meist nur im Winter und dann auch nur als kurzer Aufenthalt.
Verhalten: Dreizehenmöwen sind tag- und nachtaktiv; an den Brutkolonien werden nachts Nahrungsflüge durchgeführt. Während des Winterhalbjahres ereignet sich die Nahrungssuche tagsüber und bis in die Dämmerung. Dreizehenmöwen sind gute Flieger und Schwimmer, die an Land keine größeren Strecken zu Fuß gehen. Bei starkem Wind bis Sturm werden über dem offenen Meer Flugmanöver ausgeführt, die sehr stark dem Sturmtaucher ähneln. Die Nahrungssuche erfolgt im Suchflug in einer Höhe von 10-25 m über dem offenen Wasser. Nahrung wird entweder aus dem Suchflug heraus, im Stoßtauchen (=mit angewinkelten Flügeln, z.B. auch beim Basstölpel) oder durch Aufnahme von der Wasserfläche im Bogenflug (=Form des Schlagflugs) oder teilweise auch beim Schwimmen aufgenommen. Auf offener See folgen Dreizehenmöwen in größeren Trupps auch den Fischereischiffen. Hohe Tendenz zum Beuteabjagen.
Kennzeichen: Dreijahresmöwe. Nach der Größe liegt die Dreizehenmöwe zwischen der Lachmöwe und der Sturmmöwe. Auffallend sind bei der Dreizehenmöwe in allen Kleidern die recht kurzen dunklen Beine, sowie der schwach gegabelte, teilweise auch ± gerade abgeschnittene Schwanz. Überwiegend wirkt die Dreizehenmöwe weiß-grau.
Adultes Brutkleid: Schwanz, Unterseite, Brust bis Kopf und Vorderrücken sowie der Flügelhinterrand weiß: Oberseite dunkelgrau mit hellem Handflügel. Die Spitzen der vier äußeren Handschwingen (=Flügelspitze) schwarz.
Adultes Ruhekleid: Ähnlich dem Brutkleid, jedoch mit grauen Halsseiten und Ohrgegend, oftmals mit kleinem schwarzen Ohrenfleck.
Jugendkleid: Dunkler Ohrenfleck, schwarzer Halsring auf der Oberseite, dunkles Zickzackband auf beiden Flügeln. Schwanzendbinde schwarz. Rücken und Armdecken sind bläulichgrau.
Erstes Ruhekleid: Nur noch sehr schmaler Halsring (teilweise nur noch schwach erkennbar), Hinterkopf und Rücken bläulichgrau, Vorderrücken weiß, weiterhin schwarzes Zickzackband auf beiden Flügeln.
Erstes Sommerkleid: ausgeblichenes Zickzackband auf den Flügeln.
Schnabel: adult= grünlichgelb und zur Brutzeit gelb; im ersten Brutkleid dagegen grünlichgelb mit schwarzer Spitze; juvenil: schwarz
Füße: adult=schwarz, selten gelb; juvenil= grau bis schwarz
Augen: adulte Vögel zeigen einen roten Augenring.
Größe: 37-42 cm
Gewicht:
♂: 350-500 g
♀: 310-470 g
Spannweite: 91-120 cm
Flügellänge:
♂: 29,0-32,6 cm
♀: 27,9-31,8 cm
Stimme - Ruf: Pfeifendes „priiih“, außerhalb des Brutplatzes eher schweigsam.
Geschlechtsreife: Dreizehenmöwen erscheinen erstmals mit 2-7 Jahren an der Kolonie; Erstbrüter ab 3-8. Lebensjahr, meistens zwischen 4.-5. Lebensjahr.
Paarungszeit: monogame Saisonverbindung, neigt jedoch zur Wiederverpaarung mit dem vorjährigen Partner. Paarung erfolgt erst am Brutplatz. Das ♂ wird mit Nestlocken. Das ♀zeigt den Paarungswillen an, indem der kauernde Vogel den Kopf zwischen die Schultern zieht und dabei nickende Bewegungen ausführt.
Bruten: meistens 1 Jahresbrut.
Eiablage: Im Koloniezentrum frühestens ab Anfang Mai, weiter nördlich erst ab Mitte Mai/Anfang Juni. An den Peripherien der Kolonien setzt die Eiablage im Durchschnitt 3,5 Tage später als im Koloniezentrum ein. Eiablage erfolgt Tag und Nacht.
Brutzeit: Mai bis Juli
Brutrevier: Koloniebrüter an steilen Felsen und dort auf schmalen Bändern oder Vorsprüngen.
Nest: Nestfundament besteht aus Erde und Schlamm, mit dem Material, dass in der Umgegend gefunden wird. Der Nestbau beginnt schon weit vor der Eiablage.
Neststandort: An steilen hohen Felsen auf schmalen Bändern und Vorsprüngen. Auf dem Vogelfelsen siedeln die Dreizehenmöwen oberhalb von Gryllteisten und Kormoranen im oberen Teil des Unteren Drittels (vergleiche: Die Stockwerke des Vogelfelsens).
Gelege: (1-) meistens 2 (selten 3) Eier; Erstbrüter zeitigen kleinere Gelege.
Eier: stark zugespitzt und spindelförmig, Schale glanzlos; Grundfarbe hellgrau bis bräunlich mit variabler Fleckenzeichnung.
Eimasse und Eigewichte:
Länge: 47,1-61,5 mm
Breite: 34,5-44,5 mm
Ø Eimass: 54,6x40,1 mm (n=479)
Frischvollgewicht: 40,0-63,0 g
Schalengewicht: 2,33-3,68 g; Ø = 2,92 g
Nachgelege: Bei frühem Brutverlust werden Nachgelege gezeitigt. Die Follikelrückbildung setzt bei der Dreizehenmöwe schon mit der Ablage des ersten Eies ein.
Legeabstand: 48 Stunden
Brutbeginn: mit Ablage des ersten Ei.
Brutdauer: 25-32(35) Tage, ♂ und ♀ brüten. Von der Ablage des letzten Eies bis zum Schlüpfen des letzten Jungen vergehen 27,2±1,05 Tage
Schlüpfen: Der Schlüpfintervall vom ersten zum zweiten Jungen beträgt 1,3 ± 0,7 Tage. Vom ersten Schalenriß bis zum Durchbruch des Atemlochs verstreichen 2,3±0,97 und bis zum endgültigen Schlüpfen vergehen nochmals 1,0±0,62 Tage.
Nestlingsdauer: 42 Tage, spätestens dann wird das Nest endgültig verlassen, die Jungen Dreizehenmöwen sind dann selbständig; bedunte Nesthocker Junge werden von beiden Altvögeln versorgt.
Flügge: Jungvögel können sich mit ca. 30 Tagen schon in der Luft halten, mit 34-36 können junge Dreizehenmöwen bereits gut fliegen.
Nahrung: Dreizehenmöwen ernähren sich von Kleinfischen (z.B. Sandaal), Mollusken und Krustentieren, welche teilweise mit den Fischen zusammen erbeutet werden.
Lebensdauer: Der älteste bekannte Ringvogel einer Dreizehenmöwe erreichte ein Lebensalter von 28 Jahren und fünf Monaten.
Mortalität: Von den abgelegten Eiern erreichen nur 24% der Dreizehenmöwen das 5. Lebensjahr. Adulte Dreizehenmöwen haben dann eine Überlebensrate von ca. 86% pro Jahr.
Feinde und Gefährdungen: Großmöwen, Störungen am Brutplatz, Überfischung der Meere; Verarbeitung von Kleinfischbeständen (z.B. Sandaal) zu Fischmehl, dadurch Reduktion der möglichen Beutefische, Verenden in großen Treibnetzen der Hochseefischerei, Aufnahme von Schwermetallen mit der Nahrung, Biotopverschlechterungen
Jagdbares Wild: Nein
Jagdzeit: Nein. Naturschutz
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1+2, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 3, Literatur und Anhang, Aula Verlag Wiebelsheim, 2. vollständig überarbeitete Auflage 1993
Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, AULA-Verlag Wiesbaden, 1985
Bruun/Singer/König/Der Kosmos Vogelführer, Franck'sche Verlagshandlung Stuttgart, 5. Auflage 1982
Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 8/1, Charadriiformes (3. Teil), Akademische Verlagsgesellschaft Wiesbaden, 1982
Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011
Bundesamt für Naturschutz: Nationaler Vogelschutzbericht 2019 gemäß Artikel 12 Vogelschutzrichtlinie, Berichtsdaten aus dem Abschnitt Bl...E Brutvögel (pdf download)
Ei der Dreizehenmöwe - Source: Von Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37703474