Der Flussregenpfeifer (Charadrius dubius)

 

 

Der Flussregenpfeifer ist ein Watvogel aus der Familie der Regenpfeifer (Charadriidae), der über die gesamte Landmasse Eurasiens verbreitet ist. Das Verbreitungsgebiet beginnt im Westen auf den Kanarischen Inseln und erstreckt sich von dort über Europa und bis nach Japan; dazu kommen Verbreitungsgebiete auf dem Indischen Subkontinent, den Philippinen und auf Neuguinea.

 

Der Gesamtbestand des Regenpfeifers wird in Europa auf 110.000 bis 240.000 Brutpaare geschätzt, wobei die Bestandssituation als rückläufig bezeichnet werden muß. Auf dem Indischen Subkontinent brüten zwischen 300.000 bis 600.000 Brutpaare. Die größten Brutgebiete befinden sich in Europa in Russland (40.000 bis 125.000 Brutpaare), danach folgen Weißrußland (BY), die Ukraine (UA), Frankreich (FR) und Deutschland (DE). Grundsätzlich ist der Flußregenpfeifer in allen Ländern Mitteleuropas als Brutvogel vorhanden und kommt in den Mittelgebirgen bis zu einer Höhe von 800-900 m vor. Der mitteleuropäische Brutbestand wird auf ca. 13T-19,5T Brutpaare geschätzt. Für Deutschland werden 4T-6,8T Brutpaare angenommen. 

 

 

 

 

Wanderungen des Flussregenpfeifers

 

Im Allgemeinen ist der Flussregenpfeifer Zugvogel und Langstreckenzieher. Jedoch bleiben die Brutbestände in Südeuropa und im Vorderen Orient im Winter in ihren Brutgebieten.

 

Die Haupt-Winterquartiere des Flussregenpfeifers befinden sich in der (1) südlichen Sahara und bis an die Küste Westafrikas, (2) Zaire, Tansania Kenia; der Schwerpunkt der Überwinterung befindet sich in der (3) Sahelzone und in Ostafrika. Nur wenige Zugvögel des Flussregenpfeifers überfliegen den Äquator. (4) Zahlreiche Überwinterer ziehen nach Ägypten und dort in die nördliche Sahara. (5) Einzelne Überwinterer bleiben im Winter im Mittelmeerraum.

 

Zugbewegungen einzelner Brutvorkommen des Flussregenpfeifers

 

Die Brutvorkommen aus Fennoskandinavien und insbesondere die finnischen Brutvögel, ziehen in SSÖ bis SÖ Richtung bis nach Ostafrika.

 

Brutvögel aus Nordwest-Europa ziehen in SW bis SSW-Richtung. Zu diesen Beständen gehören auch die Brutvögel aus dem nordwestdeutschen Raum. Die Zugbewegungen laufen über Portugal mit Ziel in Marokko und über Italien mit Ziel in Tunesien. Diese Zugbewegungen erfolgen über das europäische Binnenland ohne dabei die Atlantikküsten von Frankreich, Spanien und Portugal zu tangieren. In der Carmargue (FR) befinden sich Mauserplätze des Flussregenpfeifers, welche von den Frühziehern aus Großbritannien, Frankreich, Belgien, Niederlande und Deutschland im Rahmen des sogenannten "Frühsommerzuges" angeflogen werden. Weitere Mauserplätze existieren auch in der italienischen Po-Ebene.

 

Weg- und Heimzug erfolgen als Breitfrontzug über Mittelmeer und Sahara. Der Abzug von den Brutplätzen beginnt bereits ab ende Juni / Juli als Breitfrontzug über das Mittelmeer. Seinen Höhepunkt erreicht der Wegzug meist zwischen August / September, wobei Nachzügler noch bis Ende Oktober / Anfang November nach Süden ziehen. Es liegen sogar Einzeldaten noch aus Dezember – Februar vor.

 

Der Nordrand des Mittelmeeres wird generell ab Ende Juli erreicht, Nordafrika ab Mitte August, das Senegal ab Ende August. Mit dem Heimzug aus Afrika wird im Februar begonnen. Während der Durchzug als solcher in Mitteleuropa eher unauffällig abläuft, sind dagegen die Sichtungen bei der Ankunft an den Brutplätzen auffällig. Mit der Ankunft an den Brutplätzen ist regelmäßig ab März zu rechnen, wobei der Höhepunkt im April liegt.

 

 

 

 

Steckbrief: Flußregenpfeifer (Charadrius dubius Scopuli 1786)

 

Brutzeit - Gelege - Größe - Gewicht - Nahrung - Biotop - Alter

 

Systematische Einordnung:

Ordnung: Schnepfen-, Möwen- und Alkenvögel (Charadriiformes)

Familie: Regenpfeiferverwandte (Charadriidae)

Gattung: Regenpfeifer (Charadrius)

Art: Flußregenpfeifer

 

Beschreibung:

Wissenschaftlicher Name: Charadrius dubius Scopoli 1786.

Artname in Englisch: Little Ringed Plover

Artname in Französisch: Pluvier petit gravelot

Artname in Niederländisch: Kleine Plevier

Artname in Schwedisch: Mindre strandpipare

Artname in Dänisch: Lille Praestekrave

 

Vorkommen / Verbreitung: Als Brutvogel Eurasiens ist der Flussregenpfeifer in drei gering differenzierten Unterarten über die gesamte Landmasse verteilt. Die Verbreitung beginnt im Westen auf den Kanarischen Inseln und erstreckt sich bis nach Japan unter Einschluss des Indischen Kontinents, Philippinen und Neuguinea, sowie auch Nordafrika.

 

Wanderungen: Der Flussregenpfeifer ist überwiegend als Langstreckenzieher einzuordnen. Der Abzug von den Brutplätzen beginnt bereits ab ende Juni / Juli als Breitfrontzug über das Mittelmeer. Seinen Höhepunkt erreicht der Wegzug meist zwischen August / September, wobei Nachzügler noch bis Ende Oktober / Anfang November nach Süden ziehen. Es liegen sogar Einzeldaten noch aus Dezember – Februar vor. Der Nordrand des Mittelmeeres wird generell ab Ende Juli erreicht, Nordafrika ab Mitte August, das Senegal ab Ende August. Mit dem Heimzug aus Afrika wird im Februar begonnen. Während der Durchzug als solcher in Mitteleuropa eher unauffällig abläuft, sind dagegen die Sichtungen bei der Ankunft an den Brutplätzen auffällig. Mit der Ankunft an den Brutplätzen ist regelmäßig ab März zu rechnen, wobei der Höhepunkt im April liegt.

 

Überwinterung: Die Hauptwinterquartiere des Flußregenpfeifers befinden sich in der südlichen Sahara und erstrecken sich von dort bis an die Küste West-Afrikas, Zaire, Tansania und Kenia; wobei die Schwerpunkte der Überwinterung sich auf die Sahelzone [1] und Ostafrika konzentrieren.

 

Lebensraum - Biotop: Im Gegensatz zum Sandregepfeifer ist der Flußregenpfeifer eher süßwasserorientiert. Brutvorkommen an der Küstenlinie finden sich meistens auf der Binnenseite der Deiche, an Flussmündungen. Allerdings kommt es auch zur Besiedlung von binnenländischen Salzgebieten. Gebrütet wird auf vegetationsarmen Flächen mit relativ grober Bodenstruktur, wobei die Nester immer nahe zu Flachgewässern angelegt werden. Auf dem Zug besuchen Flußregenpfeifer kahle Ufer, z.B. an Stauseen und Klärbecken oder ähnlichem. .

 

Verhalten: Flußregenpfeifer sind überwiegend tagaktiv, Zugbewegungen überwiegend nachts. Singflüge werden in hellen Nächten ausgeübt. Flußregenpfeifer laufen mit schnellen Schritten über kurze Entfernungen und bleiben dann abrupt stehen; rennt auch Beutetieren hinterher (vergleiche dazu den Sandregenpfeifer). Nahrungs- und Brutreviere können zusammenliegen, sie können aber auch getrennt sein. Nach der Brutzeit sind Flußregenpfeifer gesellig und bilden größere Trupps, dabei werden auch gemischte Trupps mit Sandregenfeifern gebildet. Balz und Nestbau hängen eng miteinander zusammen.

 

Kennzeichen: Der Flußregenpfeifer ist sehr ähnlich und etwas kleiner als der Sandregenpfeifer. Ein feldornithologische Unterscheidung nach Größe und Färbung ist auch dann schwierig, wenn beide Arten nebeneinander stehen. Die Verwendung eines guten Spektivs zur Bestimmung wird sehr empfohlen. Wesentlich für die Bestimmung ist die Kenntnis der Stimme.

 

Grundsätzliches Erscheinungsbild des Flußregenpfeifers: Oberseite erdbraun, Unterseite weiß, äußere Steuerfedern weiß. Im Flug Flügel erdbraun mit dunklen Handschwingen mit weißem Streifen am Ende der Armschwingen. Kopfzeichnung: Weiße Stirn, darüber folgt ein schwarzes Stirnband, danach folgt wiederum ein schmaler weißer Streifen, der in den erdbraunen Scheitel übergeht. Vom Schnabel bis hinter das Ohr ein schwarzer Augenstreif, der durch das Auge hindurchgeht. Auge mit zitronengelbem Augenring (wichtig!!). Ein ± breites schwarzes Band auf Höhe des Kropfes läuft um den Hals herum. Die Breite dieses schwarzen Bandes kann individuell variieren.

 

Ruhekleid: Im Ruhekleid fehlt die schwarze Gesichtszeichnung. Nach dem weißen Stirnband beginnt sofort die erdbraune Scheitelfärbung. Weiterhin schwarzer Ring auf Höhe des Kropfes, dazwischen liegt ein weißes umlaufendes Feld, das unterhalb der erdbraunen Oberkopffärbung verläuft. Hinter und unterhalb des Auges läuft die erdbraune Zeichnung spitz zu.

 

Juveniles Kleid: Oberseite sandbraun, breiter weißer Nackenkragen. Weißlich rahmfarbener Stirnfleck; grünlich-gelber Augenring; schmales dunkelbraunes Band zum Auge. Achtung: kein weißer Fleck hinter und über dem Auge wie beim Sandregenpfeifer. Oberseite wirkt geschuppt durch Federsäume. Braunes Brustband, auf der Brust eigentlich nicht geschlossen, kann so wirken

 

Schnabel: lang und schlank, nicht so klobig wie beim Sandregenpfeifer; ad. = schwarz mit rötlichem Fleck an Schnabelbasis

 

Füße: ad. = bräunlich fleischfarben oder gelblich grün; juv. = gelblich fleischfarben bis gelb.

 

Augen: Iris braunschwarz.

 

Größe: 15-18 cm

Gewicht: 25-55 g

Spannweite: 32-35 cm

 

Stimme - Ruf: Bei Erregung häufig „piu“, als gereihter Ruf deren Silben in Abständen gebracht werden, erste Silbe mit stärkster Betonung. Auch Einleitung mit „pi pi pi“ und dann „piu“. Fledermausartiger Singflug mit „griä griä griä“. Es singt überwiegend das Männchen (♂)

 

Geschlechtsreife: Beim Flussregenpfeifer tritt die Geschlechtsreife schon im ersten Lebensjahr ein. Erstbruten meistens erst im zweiten Lebensjahr.

Paarungszeit: monogame Saisonverbindung, durch die stark ausgeprägte Brutplatztreue ist Paartreue nachgewiesen. Balz und Paarung fallen mit dem Nestplatzwahl zusammen.

Bruten: in Nordeuropa nur 1 Jahresbrut, dagegen in Mitteleuropa auch zwei Jahresbruten. Der Anteil von Zweitbruten ist in Mitteleuropa sehr stark witterungsabhänig, d.h, in Jahren mit verregneten oder kühlen Sommern gehen die Zahlen der Zweitgelege erheblich zurück oder werden ganz eingestellt.

Eiablage: frühestens Anfang April bis April/Ende Mai; spätestens Ende Juli/Anfang August.

Brutzeit: März/April bis Juli

Nest: flaches Muldennest am Boden, welches nicht ausgepolstert wird.

Neststandort - Brutrevier: Das Nest wird meist auf kiesigem und grobkörnigen Untergrund, mit wenig Vegetation angelegt. Brutplatzwahl vom ♂.

Gelege: (3-) meistens 4 (selten 5) Eier. Bei Zweitglegen werden oft nur 4 Eier gelegt.

Eier: kreiselfömige Eier mit grau- bis sandfarbener Grundfarbe. Die Schale ist mit einer Vielzahl hellgrauer und schwarzbrauner Punkten und Flecken übersäht. Diese Fleckung sorgt für gute Tarnung im offenen Gelände.

Nachgelege: Bei gestörter oder verlorener Erstbrut bereits im Mai, wird der Brutplatz aufgegeben und kein Nachgelege gezeitigt. Bei spätem Brutverlust in der zweiten Junidekade werden noch Nachgelege gezeitigt. Zwischen Gelegeverlust und neuem Legebeginn liegen im Durchschnitt 4-11 Tage.

Legeabstand: 36Stunden

Brutbeginn: mit Ablage des dritten oder vierten Eies.

Brutdauer: 22-28 Tage, ♂ und ♀ brüten.

Schlüpfen: Erste Schalenrisse meistens 2-4 (max 6) Tage vor dem Schlüpfen. Vom ersten Durchbruch durch die Schale bis zum endgültigen Schlüpfen vergehen ca. 45-60 Minuten. Das jüngste Küken schlüpft meist ½-1 Tag nach den ersten Jungen.

Nestlingsdauer - Führungszeit: bedunte Nestflüchter, die direkt nach dem Trockenwerden das Nest verlassen und dann von den beiden Altvögeln gemeinsam geführt werden.

Flügge: Junge Flussregenpfeifer sind meistens nach 22-23 Tagen flügge.

 

Nahrung: Flußregenpfeifer ernähren sich von Insekten und Spinnen, sowie deren Larvenstadien. Kleine Mollusken, Regenwürmer und Sämereien.

 

Lebensdauer: Der älteste bekannte Ringvogel eines Flußregenpfeifers erreichte ein Lebensalter von 12 Jahren und 11 Monaten.

 

Mortalität - Sterblichkeit: Bei Flußregenpfeifern beträgt die Sterblichkeit im ersten Lebensjahr 50% der geschlüpften Jungtiere; ab dem zweiten Lebensjahr 35-50% jährlich.

 

Feinde und Gefährdungen: Die Hauptgefährdung liegt im Verlust ursprünglicher Lebensräume, sowie nasskalte und regenreiche Sommer.

 

Jagdbares Wild: Nein

Jagdzeit: Nein. Naturschutz

 

 

Fußnoten

 

[1]Die Sahelzone liegt wie ein Puffer als Überganszone zwischen der Wüste Sahara im Norden und dem Beginn der Feuchtsavanne im Süden; sie erstreckt sich bei einer Breite von ca. 600 km über eine Länge von 5900 km von der afrikanischen Westküste bis zur Ostküste. Die Position der Sahelzone liegt ungefähr zwischen dem 12. Und 18 Grad nördlicher Breite.)

 

 

Quellennachweise

 

Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim

Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, Aula Verlag Wiesbaden, 1985

Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 6, Charadriiformes (1. Teil), Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 1975

Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011

 

Bundesamt für Naturschutz: Nationaler Vogelschutzbericht 2019 gemäß Artikel 12 Vogelschutzrichtlinie, Berichtsdaten aus dem Abschnitt F...Go (pdf download)