Die Kurzschnabelgans ist ein Brutvogel der Subarktis Eurasiens mit den Brutgebieten in Ostgrönland, Island und Spitzbergen. Vom Aussehen her kann man die Kurzschnabelgans als den kleinen Bruder der Saatgans bezeichnen.
Die Kurzschnabelgans ist eine kleine Feldgans mit dunklem Kopf und kurzem Schnabel, sowie mit rosafarbenen Beinen. Der kurze Schnabel ist an der Schnabelbasis dunkel und zeigt ein rosafarbenes Band vor der dunklen Schnabelspitze. Der Kopf ist kleiner und runder als bei der Saatgans. Größenvergleich bei gemischten Verbänden möglich. Allerdings besteht Verwechslungsmöglichkeit in Mischverbänden mit der Saatgans.
Kennzeichnend ist vor allem die rosfarbene Färbung von Beinen und Schnabelband. Jedoch aufpassen, da bei einigen Saatgänsen auch ähnlich gefärbte Exemplare vorkommen können, welche dann zur sogenannten Suschkin-Gänsen gehören.
Die Oberseite der Kurzschnabelgans ist insgesamt heller als bei der Saatgans, weshalb der Kontrast zwischen dem dunklen Kopf und Hals stärker ausfällt.
Einige Kurzschnabelgänse können an der Schnabelbasis eine knappe weiße Schnabelbasisumrandung haben (Verwechslungsgefahr!).
Im Flug fällt der deutliche hellere Vorderflügel (verglichen mit den anderen grauen Gänsen) auf. Auffallend ist auch der kurze Hals. Der Schwanz zeigt eine breite weiße Endebinde, gefolgt von einer hellgrauen Binde und wiederum einem weißen Feld bevor der Rückenteil beginnt.
Kleider: Jungvögel erscheinen eher unscheinbar einfarbig und ohne die schuppenartigen Federsäume an den Flanken und auf der Oberseite. Altvögel dagegen kräftiger gebändert an Flanken und Oberseite.
Systematische Einordnung:
Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Schwäne und Gänse (Anserinae)
Gattung: Feldgänse (Anser)
Art: Kurzschnabelgans
Beschreibung:
Wissenschaftlicher Name: Anser brachyrhynchus
Artname Englisch: Pink-footed Goose
Artname Französisch: Oie à bec court
Artname Niederländisch: Kleine Rietgans
Vorkommen / Verbreitung: Die Kurzschnabelgans ist ein Brutvogel der arktischen Tundren und hat ihre Brutgebiete an der Ostküste Grönlands, auf Island und Spitzbergen.
Wanderungen: Zugvogel. Der Abzug aus den nördlichsten Brutgebieten in die Winterquartiere beginnt ab Ende August bis Anfang September. Der Durchzug durch Skandinavien und das Baltikum ereignet sich Ende September bis Anfang Oktober. Die letzten Durchzügler erreichen die Winterquartiere zwischen Oktober bis Dezember. Der Rückzug in die Brutgebiete beginnt ab Ende Februar und dauert bis April. Die ersten Kurzschnabelgänse erreichen Island in der ersten Maihälfte; Grönland und Spitzbergen werden in der zweiten Maihälfte erreicht.
Überwinterung: Ein Teil der nordischen Brutpopulationen überwintert an der Südostspitze Irlands, sowie in Nordwest-Wales, Ostengland (East Anglia), im Westen Englands, Cumbria, Dumfries, Galloway, rund um den Firth of Forth (Scotland), vereinzelt zwischen Aberdeen, Banff, Lossiemouth bis nach Inverness; dort vom Moray Firth bis zum Dornoch Firth. Auf dem nordwesteuropäischen Festland von der Scheldemündung bis in den Nordosten des Wattenmeeres in Dänemark und dort in den küstennahen Gebieten.
Ein weiteres Überwinterungsgebiet sind die Altrheinarme zwischen dem Unteren Niederrhein auf der deutschen Seite und der niederländischen Provinz Gelderland. Weitere Überwinterungsgebiete befinden sich entlang des Schwarzen Meeres, am Südende des Kaspischen Meeres, dazu kommen noch Gebiete in Iran, Irak, Afghanistan; weitere Gebiete gibt es in Mecklenburg und Brandenburg.
Lebensraum - Biotop: Die Kurzschnabelgans brütet in der Waldtundra und dort vornehmlich in bergigem Gelände oberhalb der Baumgrenze. Die Überwinterungsgebiete der Kurzschnabelgans werden dagegen in Steppen und auf Weidegebiet aufgesucht.
Verhalten: Kurzschnabelgänse sind tagaktiv und nachtaktiv. Während der Brutzeit suchen Kurzschnabelgänse keine Gemeinschaft, obwohl sie wegen der hohen Dichte als Kolonie brüten. In der übrigen Zeit sind sie jedoch sehr gesellig und schließen auch größeren Trupps von Saatgänsen und Blässgänsen an.
Kennzeichen: Die Kurzschnabelgans ist der kleine Bruder der größeren Saatgans. Die Kurzschnabelgans hat einen kürzeren Hals und einen kleinen Kopf mit einem steileren Stirnprofil. Dafür ist der Schnabel relativ kurz, aber höher. Bei den Altvögeln zeigt sich rings um die Schnabelbasis ein schmaler weißer Streifen. Dunkelbraune Körperfärbung und schwarze Fleckung auf der Unterseite, allerdings erheblich schwächer und nur minimalst ausgedehnt als bei der Blässgans. Der Halsansatz der Altvögel zeigt eine zimtfarbene Tonung. Die Flanken der Altvögel sind dunkler als die Oberseite. Schnabel: bei den adulten Kurzschnabelgänsen ist der Schnabel an der Basis dunkel mit einer rosa bis fleischfarbenen Binde vor der dunklen Schnabelspitze; bei den juv. ist der Schnabel rosa
Die Füße sind bei den juv. gelblich, beim ad. Vogel orangerot. Die Iris ist dunkelbraun. Um die Augen zeigt die Kurzschnabelgans einen auffälligen nackten Augenring, der bei den juv. blaßgelb aussieht, bei den ad. dagegen zwischen zitronengelb bis gelb-orange variiert.
Größe: 64-79 cm
Gewicht: 2,5-3,5 kg, Weibchen in der Regel kleiner
Spannweite: 137-161 cm
Stimme und Ruf: Die Kurzschnabelgans ist sehr ruffreudig mit mehrsilbigen Rufreihen wie „uink-uink“ und auch „ank-ank-ank“.
Fortpflanzung:
Geschlechtsreife: wahrscheinlich erst im zweiten Jahr
Erstmalige Brut: im Alter von 2-3 Jahren
Paarungszeit: Die Paarbildung meistens schon im Herbst, kann allerdings auch noch im Mai, bei der Ankunft im Brutgebiet stattfinden, monogame Dauerehe.
Bruten: 1 Jahresbrut
Eiablage: ab Mitte Mai (Island), Spitzbergen ab Anfang Juni
Brutzeit: Ende Mai/Anfang Juni – Juli
Nest: flache Nestmulde, die mit Flechten, Moos und sonstigem verfügbaren Pflanzenmaterial ausgepolstert wird. Da Kurzschnabelgänse dazu neigen, den gleichen Nistplatz, über Jahre hinweg, immer wieder zu benutzen, entstehen auf diese Art erhöhte Nistplätze.
Gelege: mindestens 2, regelmäßig 4-6, selten 8 Eier, das ♀ brütet allein, während das ♂ Wache hält.
Eier: Form der Eier ist länglich-spindelförmig aber auch oval. Glatte rahmweiße Schale; Maße 76,5 x 48,9 mm.
Nachgelege: nicht bekannt, eher fraglich. Durch die auf Island schon ab dem 10. September einsetzenden Schneestürme ist schon eine Verzögerung des Brutbeginns um zwei Wochen extrem kritisch für das Überleben der Jungen.
Legeabstand: 48 Stunden
Brutbeginn: wahrscheinlich mit Ablage des letzten Ei
Brutdauer: 25-28 Tage
Nestlingsdauer: bedunte Nestflüchter. Die Jungen werden von beiden Eltern bewacht und geführt.
Flügge: 35-40 Tage, zwischen 6. Und 10. August sind 70% der Jungvögel flugfähig. Anders dagegen, sind auf Spitzbergen die überwiegende Zahl der Jungvögel noch nicht flugfähig.
Selbständig: die Jungen begleiten die Altvögel in das Winterquartier und bleiben im Familienverband noch bis in das anschließende Frühjahr. Bis zum Beginn der neuen Brutperiode bleiben die Jungen bei den Altvögeln.
Nahrung: Die Ernährung der Kurzschnabelgans ist rein pflanzlich, darunter Gras und Getreide, im Winter werden übriggebliebene Kartoffeln verzehrt.
Mortalität / Bruterfolg: Es kann von einer Verlustrate von bis zu 60% der Jungvögel eines Jahrgangs vom Schlüpfen bis zum Eintreffen im Winterquartier ausgegangen werden. Für 4-16 Monate alte Kurzschnabelgänse kann von einer Sterblichkeit von ca. 42% ausgegangen werden. Allerdings ist die Höhe der Sterblichkeit der Jungvögel auch von den Schlechtwetterperioden eines jeden Jahres abhängig.
Lebensdauer: nach bekannten Ringfunden liegt das mögliche, erreichbar Höchstalter bei bis zu 15 Jahren und 4 Monaten (nach Ringfunden). In Gefangenschaft erreichte eine Kurzschnabelgans ein Alter von 24 Jahren. Das tatsächlich erreichbare Höchstalter freilebenden Kurzschnabelgänsen ist bisher noch nicht bekannt.
Feindverhalten / Fluchtdistanz: Während der Bebrütungszeit hält die Kurzschnabelgans eine Fluchtdistanz zum Menschen von ungefähr 200 Meter ein. Mauservögel halten eine Fluchtdistanz von bis zu 600 Metern ein. Im Winterquartier liegt die Fluchtdistanz bei ca. 300 Metern.
Feinde: Schlechtwetterperioden während der Brutzeit, Infektionen, Bejagung im Winterquartier, Polarfuchs, Kolkrabe, Seeadler, Gerfalke, Großmöwen
Jagdbare Wildart: Nein
Jagdzeit: Nein - Naturschutz
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 3, Literatur und Anhang, Aula Verlag Wiebelsheim, 2. vollständig überarbeitete Auflage 1993
Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, Aula Verlag Wiesbaden, 1985
Bruun/Singer/König, Der Kosmos Vogelführer, Franck'sche Verlagshandlung Stuttgart, 5. Auflage 1982
Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 2, Anseriformes (1. Teil), Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 1979, Nachdruck der Auflage von 1968
Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011
Uspenski, S.M. Dr. habil, Die Wildgänse Nordeurasiens, Die Neue Brehm Bücherei, Band 352, A. Ziemsen Verlag Wittenberg Lutherstadt, 1965
Bundesamt für Naturschutz: Nationaler Vogelschutzbericht 2019 gemäß Artikel 12 Vogelschutzrichtlinie, Berichtsdaten aus dem Abschnitt Kr-N Wintergäste (pdf download)