Der Gerfalke gehört zur Familie der Falken und ist in Europa die größte Falkenart. Sein Hauptverbreitungsgebiet sind die Tundren und borealen Waldzonen von Island, Norwegen, Nordschweden und Nordfinnland. Nach Osten erstreckt sich das Verbreitungsgebiet zirkumpolar bis nach Kamtschatka in Sibirien. Weitere Vorkommen gibt es in Alaska und Nordkanada.
Der Gerfalke wird als Beizvogel gehalten und ist bei Falknern beliebt. Gerfalken können daher auch bei Falknern oder in Vogelparks wie Hellenthal oder Walsrode auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes gesehen werden.
Der Gerfalke gehört zu den sogenannten Hierofalken, zusammen mit Lannerfalke, Sakerfalke und Luggerfalke. Einerseits wird damit auf die enge Verwandschaft zwischen diesen Arten hingewiesen, andererseits leitet sich "Hiero" ab vom griechischen "hieros" (=kräftig).
Der Gerfalke hat, als eigene Art, dennoch verwandschaftliche Nähe zu den Wüstenfalken und dem Sakerfalken. Bisher wurden beim Gerfalken 7 Unterarten festgestellt:
Die festgestellten Unterarten basieren hauptsächlich auf den vorhandenen Morphen. Nach Mebs/Schmidt (vergleiche dort) gibt es daher "eigentlich" keine Unterarten. Es existieren folgende Morphen:
Die von Dementiew ursprünglich noch als Falco gyrfalco altaicus festgestellte Unterart wird heute jedoch schon als Altaifalke unter der wissenschaftlichen Bezeichnung Falco altaicus geführt.
Systematische Einordnung:
Ordnung: Falken (Falconiformes)
Familie: Falken (Falconidae)
Gattung: Falken (Falco)
Art: Gerfalke
Wissenschaftlicher Name: Falco rusticolus
Artname in Englisch: Gyrfalcom
Artname in Französisch: Faucon gerfaut
Artname in Niederländisch: Giervalk
Artname in Italienisch: Girfalco
Artname in Spanisch: Halcón Gerifalte
Artname in Finnisch: Tunturihaukka
Artname in Norwegisch: Jaktfalk
Artname in Dänisch: Jagtfalk
Artname in Schwedisch: Jaktfalk
Artname in Polnisch: Białozór
Artname in Russisch: Kretschet Кречет
Artname in Isländisch: Fálki, Valur, Valur (Fálki)
Artname in Inuktitut: Kingavik, Kissaviarsuk
Artname in Grönländisch: Kingavik, Kissaviarsuk
Artname in Arabisch: نوع من الصّقور الأوربية الضّخمة
Vorkommen / Verbreitung: Der Wanderfalke ist zirkumpolar, in der nördlichen Hemisphäre der Erde, im Norden der borealen Waldzone verbreitet. Das Verbreitungsgebiet reicht von Island über weite Teile Norwegens über Nord-Schweden und Nord-Finnland bis zur Halbinsel Kamtschatka im Osten Sibiriens (Pazifischer Ozean). Auf dem nordamerikanischen Kontinent siedelt der Gerfalke in Alaska und Nordkanada.
Wanderungen: Der Gerfalke ist Standvogel. Jungvögel gehen nach dem Flüggewerden, als Kurz- und Teilstreckenzieher auf Zersteuungswanderungen, wobei Skandinavier und Isländer bevorzugt in der Nähe des ehemaligen Brutreviers bleiben.
Lebensraum – Biotop: Der Gerfalke brütet in den Tundren und an der Küste, im Bergland teilweise auch oberhalb der Baumgrenze.
Verhalten Gerfalken sind tag- und dämmerungsaktiv. Flug bei hoher Geschwindigkeit bei geringer Schlagfrequenz. Aus dem Suchflug heraus wird auf die Beute herabgestoßen; Suchflüge teilweise auch niedrig über dem Boden; auch Ansitzjagd.
Kennzeichen Größter Falke. Breiter Körper, breite Flügel an der Flügelbasis, nur mäßig langer Schwanz. Die Gefiederfärbung ist sehr variable. Jedoch ist die vorherrschende Morphe überwiegend weiß, reicht aber über dunkelbraun bis ± einheitlich dunkel.
Adulte Vögel der grauen und dunklen Morphe sind auf der Oberseite entweder aschgrau oder dunkel, mit ± auffälliger helldunkler Bänderung und Fleckung. Schwanz mit helldunkler Querbänderung, die Bänderung fällt schmaler aus als beim Wanderfalken (siehe dort).
Bei heller Unterseite ist diese grob und locker schwarz gefleckt und zeigt kaum Querbinden. Kopf ist entweder weißlich oder grau, der verwaschene Bartstreif ist nur undeutlich zu sehen. Graue und dunkle Morphen tragen einen hellen Überaugenstreif und einen ± hellen Nagelfleck. Wangen ± dunkel.
Juveniles Kleid: Oberseite graubraun bis dunkelbraun. Ähnlich den adulten Individuen sind die Jungvögel bereits entweder kontrastreich oder eher einfarbig gezeichnet. Verwechslung mit juv. Würgefalken ist möglich. Wangen ± dunkel, .
Schnabel: ad. dunkle Morphen = blaugrau mit gelber Basis; ad. weiße Morphen = horngelb; juv. = blaugrau mit dunkler Spitze.
Wachshaut: ad. = gelb, juv. = grau
Füße: ad. = gelb; juv. = grau.
Iris: dunkelbraun.
Größe: 50-60 cm (davon 19-24 cm Schwanz)
Gewicht:
♂ 1000-1400 g Ø ca. 800 g
♀ 1250-2100 g Ø ca. 940 g
Spannweite: 130-160 cm
Flügellänge:
♂: 35,2-38,0 cm
♀: 38,2-41,5 cm
Stimme - Ruf: Am Brutplatz und bei Erregung ein durchdringendes „kjak kjak“, sowie raue, gackernde Rufe.
Geschlechtsreife: Beim Gerfalken tritt die Geschlechtsreife im 2. Lebensjahr ein.
Paarungszeit: monogame Dauerverbindung.
Bruten1 Jahresbrut
Eiablage: In Nordeuropa zwischen Anfang April und Anfang Mai
Brutzeit: Anfang April bis Mitte Juni spätestens bis Ende Juli (bei Nachgelege).
Nest: Nutzt vor allem die alten Horste von Raufußbussard und Kolkrabe.
Neststandort - Brutrevier: Nester / Horste oft in Felsnischen oder unter Überhängen. Baut offenbar keine eigenen Nester, sondern übernimmt die Horste von anderen Arten. In der Waldtundra brütet der Gerfalke auch auf Bäumen und führt bei Baumnestern auch Reparaturarbeiten am Nest aus.
Gelege: (selten 1-) 3-4 (maximal -5, sehr selten 6-7) Eier
Eier: Breitovale Eier mit rot gefleckter, hellgelblicher Schale.
Nachgelege: Ersatzgelege bei Gelegeverlust (bis in die erste Junihälfte).
Legeabstand: 2-3, eher 3 Tage.
Brutbeginn: Nach Ablage des dritten oder vierten Ei.
Brutdauer: 34-36 Tage, es brüten beide Altvögel
Schlüpfen: Bei 4er Gelegen schlüpfen die Jungen innerhalb eines Tages, bei größeren Gelegen asynchrones schlüpfen.
Nestlingsdauer - Führungszeit: bedunte Nesthocker, die in den ersten Tagen vom ♀ intensiv gehudert und gefüttert werden, das ♂ übernimmt die Jagd und bringt die Beute zum Horst. Das ♀ bleibt am Horst bis die Nestlinge 3-4 Wochen alt sind, beteiligt sich auch das ♀ an der Jagd. Ab diesem Zeitpunkt bringen beide Altvögel abwechselnd die Beute zum Horst und füttern die Jungen. Nach 46-53 Tagen verlassen und Jungen den Horst.
Flügge: Nach dem Verlassen des Horstes sind die jungen Gerfalken flugfähig, werden aber noch weitere 4-6 Wochen von den Altvögeln mit Nahrung versorgt, bis sie dann endgültig selbständig sind.
Nahrung: Vielseitiger Beutejäger; es werden Vögel von Sperlingsgröße bis zur Größe von Raufußhühnern geschlagen, ebenso Großmöwen; dazu kommen Säugetiere von Maus- bis Hasengröße, sowie gelegentlich auch Aas. Küstenbewohner jagen vornehmlich Seevögel; Brutvögel aus dem Binnenland jagen überwiegend Schneehühner, Lemminge. Bei den Binnenlandbrütern hat der Zusammenbruch der Lemmingpopulation (zyklischer Massenwechsel) erheblichen Einfluss auf den Bruterfolg.
Lebensdauer: In der Gefangenschaft (als Beizvögel) können Gerfalken ein Lebensalter von 19 Jahren erreichen, teilweise auch nur 15 Jahre.
Mortalität - Sterblichkeit: nicht bekannt.
Feinde und Gefährdungen: Einstellung der Jagd, wo noch ausgeübt. Habitatverbesserungen.
Jagdbares Wild: Nein
Jagdzeit: Nein, Naturschutz
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1+2, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 3, Literatur und Anhang, Aula Verlag Wiebelsheim, 2. vollständig überarbeitete Auflage 1993
Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, AULA-Verlag Wiesbaden, 1985
Bruun/Singer/König/Der Kosmos Vogelführer, Franck'sche Verlagshandlung Stuttgart, 5. Auflage 1982
Ciesielski, Lothar C., Der Gerfalke, Die Neue Brehm Bücherei, Band 264, Westarp Wissenschaften-Verlagsgesellschaft mbH Hohenwarsleben, 2007
Ferguson-Lees, James, Christie, David, Raptors of the World, A Field Guide, Christopher Helm London, 2019
Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 4, Falconiformes, AULA-Verlag Wiesbaden, 2. durchgesehene Auflage 1989
Mebs, Theodor (†), Schmidt, Daniel, Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens, Franck-Kosmos Verlag Stuttgart, 2. Auflage 2014
Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011
Fliegender Gerfalke - Source: Rosemarie_Kappler/Agentur iStock
Ei des Gerfalken: Attribution: Muséum de Toulouse, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons;