Der Kahlkopfgeier oder Lappengeier ist ein Altweltgeier und gehört als einzige Art zur Gattung Sarcogyps. Mit einer Spannweite von "nur" 199-227 cm ist er ein mittelgroßer Geier.
Seinen Namen verdankt der Kahlkopfgeier seinem Aussehen: Der kahle Kopf mit der rosafarbenen Kopfhaut ist nur spärlich mit Haarfedern bewachsen. Unterhalb der Ohren hat sich die Haut zu Lappen herausgebildet die locker über der Halskrause hängen.
Sein Verbreitungsgebiet ist Südasien und reicht im Norden bis in die Vorgebirge des Himalaya.
Der Kahlkopfgeier ist ein mittelgroßer Geier mit dunkler Ober- und Unterseite. Die Flügel sind lang und breit. Kopf und Hals des Kahlkopfgeier sind rötlich-rosafarben. Die ausgedehnten nackten Hauflächen an Kopf und Hals sind spärlich mit Haarfedern bewachsen.
An den Wangen bildet die haut sogenannte Lappen. Die Innenseite der Schenkel zeigen halbkreisförmige nackte Stellen. Im Alterskleid ist der Gesamteindruck des Lappengeiers schwarz und rot. Die Farbe der Handschwingen ist schwarz bis braunschwarz. Bei eher schwarzer Gefiederfärbung sind die Fahnen der Armschwingen teils weißlich. Die dunklen Unterflügeldecken sind gegen die helleren Hand- und Armschwingen deutlich abgesetzt.
Schnabel: schwarz.
Wachshaut: dunkelrot
Läufe: helles rot.
Iris: dunkelbraun oder hell gelblich.
Einst gehörte der Kahlkopfgeier, zusammen mit Bengalgeier und Indiengeier, zu den häufigsten Geierarten Südasiens. Populationen von 10-11 Millionen Individuen wurden ab den 1990er Jahren innerhalb von 10-15 Jahren fast vollkommen ausgelöscht. Wie auch bei den anderen Geiern des indischen Subkontinents / Südasien, blieb die Ursache für das Massensterben für lange Zeit verborgen. Auch wissenschaftliche Studien kamen anfangs nicht zu einem Ergebnis, wohl eher durch Zufall wurde man dann doch fündig. Als Ursache wurde nämlich das Schmerzmittel Diclofenac ausgemacht. Seit den 1990er Jahren wurde es in erfolgreich in der Tiermedizin eingesetzt. Wir kennen dieses Mittel auch schon lange aus der Humanmedizin, und jeder der orthopädische Beschwerden hat, greift gerne darauf zurück. Bei den Geiern war das nun anders. Wie schon an anderen Stellen erwähnt, können Geier jegliche Art von Leichengiften aufnehmen ohne daran zu verenden. Restmengen des Mittels in Tierkadavern führten bei den Geiern jedoch zu akutem Organversagen, was dann auch schnell zum Verenden der Tiere führte.
Das Schmerzmittel wurde zwar zwischenzeitlich für die Tiermedizin verboten, jedoch ist der Indiengeier am Rande des Aussterbens. Naturschutzorganisationen sowie die Regierungen von Indien, Nepal und Pakistan haben Schutzprogramme aufgelegt, damit der Indiengeier mit gezüchteten Individuen im Bestand erhalten werden kann. Die Kahlkopfgeier haben in Nationalparks die Möglichkeit ihre Bestände zu erholen und dort wird ihnen, an gesicherten Futterplätzen, auch ausgesuchte Nahrung angeboten.
Der Bestandsrückgang beim Kahlkopfgeier beträgt "nur" 90%, verglichen mit den drei indischen Gyps-Arten, wo der Bestandsrückgang zwischen 97-99% liegt. Aktuell Jedoch ist der aktuelle Bestand des Indiengeiers nur noch ungefähr 3.500-15.000 Individuen. Status: critically endangerd - Vom Aussterben bedroht.
Systematische Einordnung:
Ordnung: Greifvögel (Accipitriformes)
Familie: Habichtverwandte (Accipitridae)
Gattung: Lappengeier (Sarcogyps)
Art: Kahlkopfgeier
Wissenschaftlicher Name: Sarcogyps calvus
Englisch: Red-Headed Vulture
Französisch: Vautour royal
Niederländisch: Indische Oorgier
Italienisch: Avvoltoio calvo
Spanisch: Buitre Cabecirrojo
Finnisch: Kalmokorppikotka
Dänisch: Rødhovedet Grib
Schwedisch: Rödhuvad gam
Polnisch: Sęp łysy
Russisch: Индийский ушастый гриф
Chinesisch: 黑兀鹫gam
Chinesisch (traditional): 黑兀鷲
Bengali: রাজ শকুন
Malaiisch: Burung Hereng Kepala Merah
Nepali: सुन गिद्ध
hailändisch: พญาแร้ง
Vorkommen / Verbreitung: Als reine Tropenart ist der Kahlkopfgeier von den Vorgebirgen des Himalaya aus über Südasien verbreitet. Die Verbreitungsgebiete umfassen Indien, Myanmar (Burma), Thailand, Laos, Kambodscha und bis nach Süd-Yunnan (Südwest-China).
Wanderungen: Als Brutvogel ist der Kahlkopfgeier Standvogel. Wahrscheinlich gehen nur die immaturen Kahlkopfgeier auf Zerstreuungswanderungen der Jungvögel.
Lebensraum – Biotop: Der Kahlkopfgeier siedelt in Wäldern, Hochebenen, Kulturland, Halbwüsten; auch in der Nähe menschlicher Siedlungen. Der Kahlkopfgeier ist überwiegend ein Bewohner des Dschungels. Am Rand des Himalaya kommt der Kahlkopfgeier bis in Höhen von 1.500-1.700 m vor. Seine Suchflüge führen ihn bis in Höhen von >2.500 m.
Verhalten: Der Kahlkopfgeier ist wenig gesellig und versammelt sich auch am Aas nur mit wenigen Artgenossen. Am Aas ist der Kahlkopfgeier dagegen sehr aggressiv und verdrängt die größeren Bengalgeier und Indiengeier so lange, bis er mit seiner Mahlzeit fertig ist. Die Hackordnung am Aas ist: Kahlkopfgeier – Bengalgeier - Indiengeier.
Kennzeichen: Der Kahlkopfgeier ist ein mittelgroßer Geier mit dunkler Ober- und Unterseite, langen breiten Flügel und einem rötlichen Kopf und Hals. Ausgedehnte nackte Hautflächen an Kopf und Hals, Lappenbildung an den Wangen. An der Innenseite der Schenkel zeigen sich halbkreisförmigen nackte Stellen. Im Alterskleid ist der Gesamteindruck des Lappengeiers schwarz und rot. Handschwingen schwarz bis braunschwarz. Bei eher schwarzer Gefiederfärbung sind die Fahnen der Armschwingen teils weißlich. Die dunklen Unterflügeldecken sind dunkler gegen die helleren Hand- und Armschwingen abgesetzt.
Größe: 76-86 cm
Schwanzlänge: 23-26 cm
Gewicht: 4.700 (♂) – 5.400 (♀) g
Spannweite: 199-227 cm
Flügellängen: 570-608 mm
Geschlechtsreife: wahrscheinlich nicht vor dem 3.-4. Jahr.
Paarungszeit: Beim Kahlkopfgeier fällt die Balz mit Horstbau und Horstbezug zusammen, der vor der Eiablage stattfindet.
Bruten1 Jahresbrut
Eiablage: In Indien ab Ende Januar
Brutzeit: Januar bis Mitte April.
Nest: Der Horst des Kahlkopfgeiers ist eine große Plattform, die auf hohen Bäumen errichtet wird. Es werden auch die Horste anderer Greifvögel übernommen.
Neststandort: Der Kahlkopfgeier errichtet seine Horste meistens im Wald und auch am Dschungelrand und in der Nähe von Siedlungen.
Gelege: 1 Ei
Eier: Weißes Ei mit nur geringer Fleckung.
Eimasse und Eigewichte
Länge x Breite: 85,9x52,5 mm;
Gewicht: ≈ ??? g
Nachgelege: wahrscheinlich nur bei Verlust im frühen Brutstadium.
Brutdauer: ≃ 45-50 Tage
Nestlingsdauer - Führungszeit: bedunte Nesthocker, die von beiden Altvögeln gefüttert werden. Die Nestlingszeit des Kahlkopfgeiers dauert ca. 80-90 Tage.
Flügge: Es ist davon auszugehen, daß die jungen Kahlkopfgeier nach dem Ausfliegen noch über mehrere Wochen von den Altvögeln betreut und gefüttert werden. Jedoch liegen keine genauen Ergebnisse zum Aufzuchtverhalten vor.
Nahrung: Kahlkopfgeier ernähren sich von Aas in jeder Größe. Anderen Geiern wird auch die Beute abgejagt, wie z.B. dem Schmutzgeier (Kleptoparasitismus).
Lebensdauer: Zur Lebensdauer des Kahlkopfgeiers liegen keine Daten vor.
Mortalität - Sterblichkeit: Zur Sterblichkeit liegen keine Daten vor.
Feinde und Gefährdungen: Wie alle anderen indischen Geierarten extrem gefährdet, da durch die Verwendung von Diclofenac in Tierarzneimittel um die Jahrtausendwende über 90% der Brutbestände umgekommen sind.
Brown, Leslie, Die Greifvögel, Ihre Biologie und Ökologie, Paul Parey Verlag Hamburg und Berlin, 1979
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Kahlkopfgeier - Source: GVision Agentur iStock