Der Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula L. 1758)

 

 

Als Brutvogel ist der Sandregenpfeifer über die gemäßigten Zonen Eurasiens verbreitet. Sein Verbreitungsgebiet reicht dabei von Grönland und Island ostwärts und erstreckt sich über die gesamte eurasische Landmasse bis an die Beringstraße und bis an die arktischen Küsten des nordamerikanischen Kontinents.

 

Im Bereich der Nord- und Ostseeküste ist der Sandregenpfeifer Brutvogel, mit nur geringen Vorkommen in den küstennahen Bereichen des Binnenlandes. Die Gesamtzahl der Brutpaare in Belgien, Niederland, Deutschland und Polen beläuft sich nur 1.800 bis 2600 BP. In Deutschland gilt der Sandregenpfeifer bei 850-950 Brutpaaren als vom Aussterben bedroht.

 

Der europäische Brutbestand wird auf 120.000-220.000 Brutpaare geschätzt, wobei die Bestandszahlen rückläufig sind. Die größten Populationen (=>10.000 Brutpaare) existieren auf Grönland, Island, Norwegen, Schweden und Russland.

 

 

 

Wanderungen des Sandregenpfeifers

 

Sandregenpfeifer sind Zugvögel und, je nach Brutgebiet, sind sie als Kurz- oder Langstreckenzieher einzuordnen. Beim Sandregenpfeifer sind Winterquartiere in 8 globalen Großräumen bekannt. Diese sind: (1) Nordwest-Europa, (2) Nordwest-Afrika, (3) der Westen und Osten Südafrikas, (4) Ostafrika, (5) Schwarzmeerregion, (6) Östliches Mittelmeer, (7) Arabische Halbinsel, (8) Persischer Golf.

 

Die Brutvögel aus Grönland und Island ziehen in südöstlicher Richtung über Großbritannien und von dort dann entlang der Atlantikküsten von Frankreich, Spanien und Portugal. Aus dieser Zugrichtung werden dann die Quartiere in West- und Südafrika angesteuert.

 

Brutvorkommen aus dem Süden und Osten von Großbritannien ziehen üblicherweise in Südrichtung nach West-Afrika.

 

Aus den Brutbeständen in den Niederlanden ziehen Sandregenpfeifer entweder nach Südwest oder nach Nordwest-Afrika; teilweise werden in westlicher Zugrichtung sogar Quartiere in Großbritannien angeflogen.

 

Aus Dänemark überwintern die Sandregenpfeifer an den westeuropäischen Atlantikküsten von Großbritannien, Frankreich und Spanien. Aus Deutschland geht der Winterzug ebenfalls an die europäische Atlantikküste und dort nach Frankreich, Spanien und Portugal, wobei die Mehrzahl der Zugvögel in Frankreich überwintert. Schwedische Sandregenpfeifer ziehen teilweise in die Schweiz und sogar nach Sardinien.

 

Aus Nordskandinavien und Nord-Russland ziehen Brutbestände durch Mitteleuropa, nach Frankreich um von dort das Mittelmeer zu überqueren für die Winterquartiere in Nordwest-Afrika. Aus Norwegen ziehen Sandregenpfeifer nach Großbritannien und bis in den Senegal; dagegen ziehen finnische Bestände in Südwest-Richtung über Dänemark und dann entlang der Küstenlinie oder auch, als Kontinentalzug, nach Italien. Westrussische Bestände ziehen bis nach Südafrika; sibirische Sandregenpfeifer ziehen nach Ostafrika, Arabische Halbinsel und Vorderasien.

 

Im Wattenmeer beginnen die Zugbewegungen schon im Juli und erreichen ihren Höhepunkt zwischen August und September. Gegen Mitte/Ende Oktober ist der Abzug abgeschlossen. Der Rückzug in die Brutreviere beginnt im Binnenland und im Wattenmeer im März mit einem ersten Gipfel Ende März. Sandregenpfeifer zeigen eine hohe Treue zu Winterquartieren und Brutorten.

 

 

 

Steckbrief: Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula L.)

 

Brutzeit - Gelege - Größe - Gewicht - Nahrung - Biotop - Alter

 

Systematische Einordnung:

Ordnung: Schnepfen-, Möwen- und Alkenvögel (Charadriiformes)

Familie: Regenpfeiferverwandte (Charadriidae)

Gattung: Regenpfeifer (Charadrius)

Art: Sandregenpfeifer

 

Beschreibung:

Wissenschaftlicher Name: Charadrius hiaticula L.

Artname in Englisch: Common Ringed Plover

Artname in Französisch: (Pluvier) Grand Gravelot

Artname in Niederländisch: Bontbekplevier

Artname in Schwedisch: Större strandpipare

Artname in Dänisch: Stor Praestekrave

 

Vorkommen / Verbreitung: Als Brutvogel ist der Sandregenpfeifer über die gemäßigten Zonen der eurasischen Landmasse verbreitet. Das Verbreitungsgebiet reicht von Grönland nach Island, über die Beringstraße bis an die Westküste des arktischen Nordamerika.

 

In Mitteleuropa ist der Sandregenpfeifer Brutvogel an der Küste und in den binnenländischen Tiefebenen von Belgien, Niederlande und Deutschland.

 

Wanderungen: Der Sandregenpfeifer ist ein Kurz- und Langstreckenzieher. Im Wattenmeer beginnen die Zugbewegungen schon im Juli und erreichen ihren Höhepunkt zwischen August und September. Gegen Mitte/Ende Oktober ist der Abzug abgeschlossen. Der Rückzug in die Brutreviere beginnt im Binnenland und im Wattenmeer im März mit einem ersten Gipfel Ende März. Sandregenpfeifer zeigen eine hohe Treue zu Winterquartieren und Brutorten.

 

Überwinterung: Beim Sandregenpfeifer sind Winterquartiere in 8 globalen Großräumen bekannt. Diese sind: (1) Nordwest-Europa, (2) Nordwest-Afrika, (3) der Westen und Osten Südafrikas, (4) Ostafrika, (5) Schwarzmeerregion, (6) Östliches Mittelmeer, (7) Arabische Halbinsel, (8) Persischer Golf.

 

Lebensraum - Biotop: Sandregenpfeifer brüten auf offenen und relativ vegetationsarmen Flächen, wobei Küstengebiete und Salzwasserzonen bevorzugt werden. Im Norden des Verbreitungsgebietes brüten Sandregenpfeifer in der Zwergstrauchtundra, an Küsten und sumpfigen Stellen. Die Nester werden auf Sand- und Kiesböden angelegt, an Dünenrändern und kurzrasigen Strauchwiesen. Im Binnenland wird während der Brutzeit an kahlen Fluß- und Seeufern gesiedelt.

 

Verhalten: Sandregenpfeifer sind überwiegend tagaktiv und ziehen in der Nacht. Singflüge werden bis in die tiefe Dämmerung unternommen. Wesentliches Merkmal sind das schnelle Laufen der Sandregenpfeifer, das von plötzlichem Stillstehen unterbrochen wird. Nahrung wir auf fester Unterlage aufgepickt, teilweise läuft der Sandregenpfeifer der Beute auch nach. Bekanntes „Fußtrampeln“, womit im Schlamm befindliche Organismen zur Bewegung veranlasst werden sollen. Während der Brutzeit sind Sandregenpfeifer territorial eingestellt. Außerhalb der Brutzeit gesellig in kleinen Trupps.

 

Kennzeichen: Der Sandregenpfeifer ist etwas größer als der Flussregenpfeifer. Jedoch ist die Unterscheidung in der Natur nicht einfach. Zweifarbig: Oberseite erdbraun und Unterseite weiß.

 

Adultes Brutkleid: Kopfzeichnung wie Flußregenpfeifer, weißer Stirnfleck direkt über dem Schnabel, jedoch folgt nach dem schwarzen Stirnband kein schmales weißes Band, das schwarze Stirnband schließt direkt an die erdfarbene Färbung der Oberseite an; weißer Fleck schräg hinter und über dem Auge, breiteres Brustband.

 

Adultes Schlichtkleid: Breites, dunkelbraunes „Kropfband“, nur weißer Stirnfleck und kein schwarzes Stirnband, weißer Fleck hinter und über dem Auge noch vorhanden.

 

Juveniles Kleid: mit dunklem braunem Oberkopf, dunkle Ohrendecken, Stirn weißlich-beige, schon mit weißem Fleck hinter und über dem Auge, schmales, dunkelbraunes Kropfband. In allen Kleidern helle Flügelbinde und weiße Schwanzseiten.

 

Schnabel: ad. Brutzeit = orange mit schwarzer Spitze, Herbst = schwarz mit orangefarbenem Fleck an der Basis des Unterschnabels.

 

Füße: ad. Brutzeit = orangerot, Herbst = bräunlich rot; juv. = bräunlich rot

 

Augen: Iris = braun-schwarz; Augenring: ad. ♂ Brutzeit = gelb bis orange, ad ♀ Brutzeit = grau, ad. Herbst = schwarz; juvenil: Augenring = dunkelgrau.

 

Größe: 17-19,5 cm

Gewicht: 40-80 g

Spannweite: 35-41 cm

 

Stimme - Ruf: weich flötender zweisilbiger Ruf: ansteigend „TU-ip“, Warnruf einsilbig pfeifendes „tihip“; Gesang schnelles rhythmisches weich klingendes „ti-Too-e ti-TOO-e ti-TOO-e ..“; auch „t’Wlla-t t’Wlla-t …

 

Geschlechtsreife: Beim Sandregenpfeifer setzt die Geschlechtsreife wohl regelmäßig gegen Ende des ersten Lebensjahres ein.

Paarungszeit: monogame Saisonverbindung, durch die stark ausgeprägte Ortstreue ist Paartreue bis zu 8 Jahren nachgewiesen. Die Paarbildung erfolgt bereits im Winterquartier, überwiegend Ankunft am Brutort als Paar, teilweise auch einzeln.

 

Bruten: 1 Jahresbrut, häufig auch Zweitbruten.

Eiablage: frühestens ab Anfang März (Südengland), in den Niederlanden frühestens ab Ende März, deutsche Nordseeküste und Inseln ab April, Hauptlegezeit in Mitteleuropa in der ersten Maihälfte, Mittelnorwegen bis Anfang Juni

 

Brutzeit: März/April bis August

Nest und Neststandort: Flaches Muldennest aus weichem Substrat, das in den Sand gedreht wird. Die Nester werden auf Sand- und Kiesböden angelegt, an Dünenrändern und kurzrasigen Strauchwiesen. Im Binnenland wird während der Brutzeit an kahlen Fluß- und Seeufern gesiedelt.

Brutrevier: Sandregenpfeifer brüten auf offenen und relativ vegetationsarmen Flächen, wobei Küstengebiete und Salzwasserzonen bevorzugt werden. Im Norden des Verbreitungsgebietes brüten Sandregenpfeifer in der Zwergstrauchtundra, an Küsten und sumpfigen Stellen.

 

Gelege: (selten 2 oder 3-) meistens 4 (selten 5) Eier.

Eier: Eier kreiselförmig; sandfarbener Grund mit schwarzen und grauen Flecken und Punkten.

Nachgelege: Bei Brutverlust werden Nachgelege gezeitigt.

 

Legeabstand: 24-48 Stunden, die Legezeit für ein 4er-Gelege dauert bis zu 6 Tagen.

Brutbeginn: mit Ablage des letzten Ei.

Brutdauer: 21-28 Tage, ♂ und ♀ brüten.

 

Schlüpfen: ab 19-21. Tag nach Beginn der Bebrütung erste Risse in den Schalen, nach weiteren zwei Tagen erste Rufe der Küken in den Eiern. Der Schlüpfintervall beträgt 5- maximal 25 Stunden (extrem bis 44 Stunden).

Nestlingsdauer - Führungszeit: bedunte Nestflüchter, die kurz nach dem Schlüpfen das Nest verlassen und von beiden Altvögeln betreut werden.

Flügge: nach 21-35 Tagen sind die Jungen flügge.

 

Nahrung: Zur Brutzeit werden bevorzugt kleine Insekten und Spinnen aufgenommen, an der Küste bevorzugt Arthropoden [1], Polychaeten [2], Crustaceen (=Krebstiere) und Mollusken (=Weichtiere: z.B. Schnecken, Muscheln).

 

Lebensdauer: Der älteste bekannte Ringvogel eines Sandregenpfeifers erreichte ein Lebensalter von 16 Jahren und 11 Monaten.

 

Mortalität: Bei den immaturen Sandregenpfeifern liegt die Sterblichkeit bei ca. 41%, bei den adulten Vögeln dagegen nur noch bei ca. 20%.

 

Feinde und Gefährdungen: Bestände sind rückläufig. In Deutschland gilt der Sandregenpfeifer als vom Aussterben bedroht. Brutpaare in Deutschland in 2016 ca. 850-950. Gefährdung vor allem durch Rückgang geeigneter Lebensräume.

 

Jagdbares Wild: Nein

Jagdzeit: Nein. Naturschutz

 

 

Fußnoten

 

[1] Gliederfüßer (=Arthropoda) bilden den artenreichsten Stamm in der Tierwelt und damit auch dreiviertel aller Tierarten überhaupt. Das Wesentliche bei den Gliederfüßern sind gegliederte Körperanhänge, die gegen den Körper und in sich durch Gelenke beweglich sind. Dazu kommt ein harter Außenpanzer. Die Vertreter dieser Arten sind Spinnen und Zecken (Zitiert aus Ritschel, P. Die Gliederfüßer in: Grzimek, Bernhard (HG), Grzimeks Tierleben, Band I, Niedere Tiere, Seite 397 ff., Kindler Verlag Zürich, 1971)

 

[2]Die Vielborster (=Klasse Polychaeta) zeichnen sich unter den Gliederwürmern durch eine Vielfalt an Körperanhängen aus. Dazu zählen Taster und Fühler an den Kopflappen, an das Kopfsegment schließen sich nur ein oder zwei weitere Körperringe an und die Stummelfüße sind zu fühlerartigen Cirren umgewandelt. Die Fühler sind mit Bündeln von Borsten belegt. Vielborster sind vom Lebensraum an das Wasser gebunden und zu den Arten zählen z.B. Feuerborstenwurm, Röhrenwurm, Seemaus, Paolowürmer, Seeringelwurm, Wattwurm etc. (Zitiert aus Rietschel, P. Die Vielborster in Grzimek, Bernhard (HG), Grzimeks Tierleben, Band I, Niedere Tiere, Seite 363 ff., Kindler Verlag Zürich, 1971)

 

 

Quellennachweise

 

Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim

Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, Aula Verlag Wiesbaden, 1985

Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 6, Charadriiformes (1. Teil), Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 1975

Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011

 

 

Bundesamt für Naturschutz: Nationaler Vogelschutzbericht 2019 gemäß Artikel 12 Vogelschutzrichtlinie, Berichtsdaten aus dem Abschnitt Rot...Sch (pdf download)