An den Nordseeküsten von Belgien, den Niederlanden und Deutschland ist der Seeregenpfeifer ein seltener Brut- und Sommervogel. Sehr selten kommt der Seeregenpfeifer auch in Polen und Südosten Mitteleuropas vor. Die Brutvögel der Nordseeküste sind Zugvögel.
Als Brutvogel ist der Seeregenpfeifer an den Küsten und Steppen Eurasiens verbreitet. Sein Verbreitungsgebiet beginnt an den Kapverdischen Inseln [1] und erstreckt sich von dort bis nach Japan. Die südliche Verbreitungsgrenze des Seeregenpfeifers als Brutvogel läuft entlang der Linie Nord-Afrika - Somalia - Persischer Golf - Nord-Indien und Sri Lanka - Nord-China. Weitere Vorkommen finden sich im Westen und Süden Nordamerikas und an der Westküste Südamerikas.
Der europäische Gesamtbestand wird auf 22-35T Brutpaare geschätzt, wobei die Tendenz rückläufig ist. Die größten Brutpopulationen des Seeregenpfeifers in Europa finden sich in der Türkei (8-11.000 BP), Griechenland (1-2000 BP), Ukraine (1.600-2000 BP), Italien (1-2000 BP), Frankreich (1.200-1.500 BP) und Spanien mit ca. 5-5700 BP. In Deutschland gilt der Seeregenpfeifer als vom Aussterben bedroht und die Zahl der Brutpaare wird auf ca.a 300 geschätzt.
Wie alle Regenpfeifer ist auch der Seeregenpfeifer ein scheuer Vogel. Die beste Zeit, um Seeregenpfeifer zu beobachten ist zwischen März und August im Bereich der deutschen Wattenmeerküsten. Sehr gute Möglichkeiten sind einerseits in Schleswig-Holstein im Küstenbereich von Sankt Peter-Ording und an der niedersächsischen Küste im Bereich der Siele und auf den Inseln. Vorsicht bei der Beobachtung ist geboten, schreckt die Vögel nicht auf. Aus angemessener Distanz lassen sie sich wunderbar beobachten.
Systematische Einordnung:
Ordnung: Schnepfen-, Möwen- und Alkenvögel (Charadriiformes)
Familie: Regenpfeiferverwandte (Charadriidae)
Gattung: Regenpfeifer (Charadrius)
Art: Seeregenpfeifer
Beschreibung:
Wissenschaftlicher Name: Charadrius alexandrinus.
Artname in Englisch: Little Kentish Plover
Artname in Französisch: Pluvier semipalé
Artname in Niederländisch: Strandplevier
Artname in Schwedisch: Mindre strandpipare
Artname in Dänisch: Svartbent strandpipare
Artname in Polnisch: Seweczka morksa
Vorkommen / Verbreitung: Der Seeregenpfeifer ist ein typischer Brutvogel an den Küsten und Steppengebieten Eurasiens. Das Verbreitungsgebiet beginnt an den Kapverdischen Inseln und erstreckt sich über die eurasische Landmasse bis nach Japan. Die Südgrenze des Verbreitungsgebietes verläuft entlang der Linie Somalia – Persischer Golf – Nord-Indien – Sri Lanka – Südost-China. Weitere Vorkommen existieren im Westen und Süden Nordamerikas und an der Westküste Südamerikas.
In Deutschland existieren punktuell Brutvorkommen an der deutschen Nordseeküste und dort in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen. Das deutsche Brutvorkommen wird für die Zählung bis 2016 auf ca. 300 Brutpaare geschätzt. Obwohl der Seeregenpfeifer vom Aussterben bedroht ist, gibt der Vogelschutzbericht 2919 für den Bestand eine steigende Tendenz an.
Wanderungen: In seinem nördlichen Verbreitungsgebiet ist der Seeregenpfeifer Zugvogel, jedoch im südlichen Verbreitungsgebiet kommt es auch zu Überwinterungen, dort werden Zugbewegungen nur durch extrem harte Winter ausgelöst. Der Wegzug von den Brutgebieten an Nord- und Ostsee erfolgt entlang der Küstenline Ostsee und Nordsee und zu den Mauserplätzen in Dänemark, Deutschland und den Niederlanden; Mausergruppen der Seeregenpfeifer versammeln sich dort ab Juni bis Juli in größeren Trupps. Die größten Zahlen an rastenden Seeregenpfeifern werden im deutschen Wattenmeer im August erreicht, in den Niederlanden zwischen August und September. Ab Ende September erfolgt schlagartig der Wegzug nach Süden über das Binnenland und Tunesien in Richtung Sahara. Im März beginnt der Heimzug und zwischen Ende März und Mitte April sind fast alle Brutvögel wieder an den Brutplätzen angekommen.
Überwinterung: .Die Winterquartiere des Seeregenpfeifers beginnen im Mittelmeerraum ab der Linie Valencia (ES) – Sardinien – Türkei Südküste; die Südgrenze der Winterquartiere beginnt am Golf von Guinea (Westafrika; Länder: Togo, Benin, Nigeria, Kamerun) bis zum Persischen Golf und bis nach Süd-Asien. Überwinterer können auch in Großbritannien, Belgien und den Niederlanden vorkommen. Auch am Bodensee ist mit Überwinterern zu rechnen.
Lebensraum - Biotop: Der Seeregenpfeifer brütet auf vegetationsarmen Böden an Salzgewässern an der Küste. Im Binnenland sogar an abflusslosen und salzhaltigen Binnengewässern. Nahrungssuche auf sehr feuchtem Untergrund. Außerhalb der Brutzeit ist der Seeregenpfeifer an Flachgewässern, Lagunen sowie Sand- und Schlickflächen anzutreffen
Verhalten: Seeregenpfeifer sind tag- und nachtaktiv, jedoch passt sich das Verhalten an der Küste der Tide an, wodurch die Nahrungsaufnahme auch in die Nachtstunden verlegt werden kann. Sichtbare Beute wird vom Boden aufgenommen, während im Boden befindliche Beute durch Stochern mit dem Schnabel im weichen Substrat gefangen wird. Dazu kommt sehr häufig das bekannte „Bodenklopfen mit den Füßen“ (vergleiche dazu den Sandregenpfeifer). Zur Brutzeit territoriales Verhalten, jedoch außerhalb der Brutzeit sehr gesellig.
Kennzeichen: Allgemein Oberseite sandbraun und Unterseite weiß, Schnabel dunkel und ebenso dunkle Füße. Im Flug fallen die weißen Schwanzkanten und das weiße Flügelband auf. Kopfzeichnung: Weiße Stirn, darüber folgt ein schwarzes Stirnband; im Ruhekleid fehlt das schwarze Stirnband, danach schließt sich die orangebraune Färbung des Scheitels an. In allen Kleidern weißes Nackenband und weißer Überaugenstreif. Kein heller Augenring, wie beim Flußregenpfeifer. Vorne offenes schwarzes Brustband.
Brutkleid: Kopfzeichnung mit braunschwarzer Stirnband (Querbinde) über weißer Stirn und schwarzem Zügel, schwarzem Auge und schwarzem Augenstreif, weißer Überaugenstreif; orangefarbener Nacken. Brustband an den Seiten schwarz; Kehlbereich weiß. Dem ♀ fehlt das schwarze Querband, sowie Zügel und Augenstreif, jedoch auch schwach angedeuteter weißer Überaugenstreif; dunkle Flecken an der Vorderbrust anstatt des schwarzen Brustbandes wie beim ♂.
Ruhekleid: ♂ ähnelt dem ♀, Kopfzeichnung ohne dunkles Stirnband (Querband) über der weißen Stirn; ♂ ohne orangefarbenes Nackenfeld.
Juveniles Kleid: Oberseite leicht gescheckt durch Federsäume, graubraunes Brustband, helle Stirn, schwacher weißer Überaugenstreif (fehlt bei Flußregenpfeifer, bei Sandregenpfeifer deutlich kleiner. I
ris: braunschwarz. .
Größe: 15-17 cm
Gewicht: 32,5-55,7 g
Spannweite 35-45 cm
Stimme - Ruf: Vor dem Abflug regelmäßig kurzes „tit“ oder „bip“; bei Erregung „huit“ – ähnlich Laubsänger. Schreck- und Warnrufe klingen ähnlich „prrr“.
Geschlechtsreife: Beim Seeregenpfeifer tritt die Geschlechtsreife bereits im ersten Lebensjahr ein.
Paarungszeit: monogame Saisonverbindung, durch die stark ausgeprägte Brutplatztreue ist Paartreue nachgewiesen. Paare treffen am Brutplatz einzeln oder verpaart ein; Eintreffen am Nistplatz zwischen Ende März und April. Die Balz am Nistplatz wird von Scheinnisten begleitet.
Bruten: 1 Jahresbrut, Zweitbruten sind möglich.
Eiablage: der Legebeginn beim Seeregenpfeifer erfolgt in Mitteleuropa frühestens Anfang/Mitte April. Im Bereich der Nordsee liegt die Hauptlegezeit zwischen Mitte April und Mitte Juli. Die meisten Gelege werden in der ersten Maihälfte gezeitigt.
Brutzeit: Anfang April bis Ende Juli
Nest: offenes Muldennest am Boden, teilweise in der Deckung von Pflanzenbüscheln. Die Mulde wird vom ♂ in den Boden gedreht.
Neststandort - Brutrevier: vegetationsarme Flächen an der Küste.
Gelege: 3 Eier, selten zwischen 4 und 6 Eier.
Eier: Glanzlose Eier mit dunkelbrauner Grundfarbe; Eier sind dunkler als bei Flußregenpfeifer und Sandregenpfeifer; ansonsten auch stark gefleckt, Flecken können auch wie kleine Schnörkel aussehen.
Nachgelege: Bei verlorenem Gelege oder jungen Küken sind erste und zweite Nachgelege möglich. Das Nachgelege wird entweder in der alten Nestmulde oder aber in einer neuen, dann aber weiter entfernten, Nestmulde gezeitigt. Erstes Ei des Nachgeleges frühestens 4-5 Tage nach Gelegeverlust.
Legeabstand: 18-72 Stunden möglich, Regelfall 48 Stunden; drittes Ei gewöhnlich 96 Stunden nach dem ersten Ei (max bis 120 Stunden).
Brutbeginn: mit Ablage des letzten Eies.
Brutdauer: 26-29 Tage, ♂ und ♀ brüten, bei häufiger Störung des Brutgeschäfts kann die Brutdauer auch bis zu 31 Tage betragen.
Schlüpfen: Vom Durchbrechen des Eizahnes bis zum Verlassen der Schale vergehen zwischen 5 und 48 Stunden. Der Schlüpfabstand zwischen erstem und drittem Küken kann bis zu 24 Stunden betragen.
Nestlingsdauer - Führungszeit: bedunte Nestflüchter; die Küken verlassen selbständig das Nest, wenn sie 2-3 Stunden nach dem Schlüpfen trocken sind und beginnen dann in der Nestumgebung herumzulaufen.
Flügge: Junge Seeregenpfeifer sind meistens nach 41 Tagen flügge. Bei Spätbruten mit Jungen, die erst ab Mitte Juli schlüpfen, tritt die Flugfähigkeit schon nach 31 Tagen ein.
Nahrung: Seeregenpfeifer ernähren sich an der Küste von Ringelwürmern, kleinen Muscheln, Schnecken und Crustaceen; im Binnenland sind Insekten die Hauptnahrungsquelle.
Lebensdauer: Der älteste bekannte Wiederfang eines Ringvogel zeigte ein Alter von 17 Jahren und 10 Monaten, ansonsten liegt die Lebenserwartung bei 14-15 Jahren.
Mortalität - Sterblichkeit: Bei Seegenpfeifern beträgt die ca. 40-45% pro Jahr.
Feinde und Gefährdungen: Die Hauptgefährdung liegt, wie bei allen anderen Regenpfeiferarten (Charadrius) im Verlust geeigneter Lebensräume. Unter Verlust von Lebensräumen sind Baumaßnahmen, Umwandlung von Wiesen und Ödflächen, zunehmende Störung durch Urlauber zu verstehen. Der Wegfall von Brackwassergebieten im Küstenhinterland und Binnenland zählt ebenso zum Verlust von Lebensraum, wie auch zunehmende Verschilfung von ganzen Geländeabschnitten. In den Wintergebieten kommt es weiterhin zu Jagd und Fang von Seeregenpfeifern (= direkte Verfolgung). Als Gelegeräuber kommen Fuchs und Krähenartige in Frage.
Jagdbares Wild: Nein
Jagdzeit: Nein. Naturschutz
[1]Kapverdische Inseln: Die Kapverden sind eine Inselgruppe im Atlantik, die aus neun bewohnten Inseln besteht und ca. 570 km vor der Westküste von Afrika liegt (Küstenstaat Senegal).
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim
Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, Aula Verlag Wiesbaden, 1985
Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 6, Charadriiformes (1. Teil), Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 1975
Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011
Bundesamt für Naturschutz: Nationaler Vogelschutzbericht 2019 gemäß Artikel 12 Vogelschutzrichtlinie, Berichtsdaten aus dem Abschnitt Se...Str (pdf download)