Der Turmfalke ist ein kleiner Falke, der in zehn Unterarten über die gesamte eurasische Landmasse und Nordamerika verbreitet ist. In Mitteleuropa und in Deutschland ist der Turmfalke überwiegend Jahresvogel und auch die häufigste Falkenart. Vielfach brütet er in Siedlungen und ist daher auch in Städten und Ballungsräumen anzutreffen. Sehr auffällig ist sein typische Rüttelflug, was dem Turmfalken auch die Bezeichnung "Rüttelfalke" eingebracht hat.
Die größten Brutvorkommen in Europa finden sich in Großbritannien (37T Brutpaare), Spanien (25-30T Brutpaare), Frankreich (72-100T Brutpaare), Deutschland (44-77T Brutpaare) und in Russland (40-60T Brutpaare). Der Gesamtbestand von 350.000 bis 500.000 Brutpaaren wird als insgesamt als rückläufig bezeichnet. In Deutschland gilt der Turmfalke als nicht gefährdet.
In seinem Verbreitungsgebiet kommt der Turmfalke in zehn Unterarten vor:
Systematische Einordnung:
Ordnung: Falken (Falconiformes)
Familie: Falken (Falconidae)
Gattung: Falken (Falco)
Art: Turmfalke
Wissenschaftlicher Name: Falco tinnunculus
Artname in Englisch: Common Kestrel
Artname in Französisch: Faucon crécerelle
Artname in Niederländisch: Torenvalk
Artname in Spanisch: Tärnvalk
Artname in Norwegisch: Tornfalk
Artname in Isländisch: Turnfálki
Artname in Finnisch: Tuulihaukka
Artname in Dänisch: Tärnvalk
Artname in Schwedisch: Tornfalk
Artname in Polnisch: Pustułka
Artname in Russisch: Обыкновенная пустельга
Artname in Arabisch: العوسق
Artname in Persisch: دلیجه معمولی
Artname in Afrikaans: Rooivalk
Artname in Bengali: পাতি কেস্ট্রেল
Artname in Hebräisch: בז מצוי
Artname in Kasachisch: Кәдімгі күйкентай
Artname in Malaiisch: Burung Falko Padang, Burung Falko Serani, Burung Helang Kestrel
Artname in Nepali: बाÄडाइ
Artname in Thailändisch: العوسق
Artname in Chinesisch: 红隼, 红鹞子, 红鹰, 茶隼, 黄燕
Artname in Chinesisch (traditional): 紅隼, 紅鷂子, 紅鷹, 茶隼, 茶鷹, 黃燕, 黄燕
Vorkommen / Verbreitung: Interkontinental kommt der Turmfalke in zehn Unterarten vor. Als Brutvogel ist der Turmfalke über die gesamte eurasische Landmasse verbreitet: die Westpaläarktis mit Island, Nordafrika und Vorderasien, von Europa bis nach Ostsibirien und Ostasien; in Afrika bis in die südliche Sahara.
In Mitteleuropa ist der Turmfalke im gesamten Tiefland und bis in die Hochalpen verbreitet, sowie in Waldgebieten und vor allem Siedlungsbereich (Städte, Ballungsräume und Dörfer).
Wanderungen: In Nordeuropa ist der Turmfalke Langstreckenzieher; in Mittel- und Westeuropa überwiegend Standvogel und Teilzieher bei winterlichen Kälteeinbrüchen. In Europa beginnt der Wegzug hauptsächlich ab September und hält bis in den Oktober an. Der Heimzug an die Brutplätze in Mitteleuropa beginnt im Februar, mit dem Höhepunkt im März; in Nordeuropa erreichen die Turmfalken ihre Brutreviere im April.
Überwinterung: Die Winterquartiere für die nördlichsten Brutpopulationen beginnen in Mittel-Schweden und ab dem südlichen Fennoskandinavien, im Westen Europas ab den Britischen Inseln (GB), sowie in ganz Mitteleuropa und im Mittelmeergebiet. Weitere Winterquartiere in Süd-Russland, Süd-Sahara, Zentral- und Ostafrika.
Die Brutpopulationen aus Fennoskandinavien überwintern in Dänemark, West-Russland, Weißrussland und der Ukraine.
Lebensraum – Biotop: Als Jagdgebiet werden Gebiete mit niedriger bis lückenhafter Vegetation bevorzugt. Als Nistplatz werden Felswände, Kunstbauten, Bäume, Häuser, Türme und ähnliches angenommen. Abhängig vom Beuteangebot kann das Jagdrevier auch mehrere Kilometer vom Brutrevier entfernt liegen. Brütet auch in Dünenlandschaften.
Verhalten: Der Turmfalke ist überwiegend tagaktiv, bei Bedarf kann die Jagd auch bis in die Dämmerung ausgeführt werden. Im Flug am hastigen, schnellen Flügelschlag erkennbar, kreist auch in der Thermik, allerdings niemals über einen längeren Zeitraum. Das Kreisen in der Thermik wird immer wieder von einer Folge von schnellen Flügelschlägen unterbrochen. Das für den Turmfalken charakteristische Verhalten ist das „Rütteln“ über dem Boden, wobei die Körperachse um die 40° gekippt und der Schwanz (Stoß) gefächert wird. Jagd auch aus dem Spähflug oder von einer Sitzwarte aus. Turmfalken jagen auch zu Fuß, z.B. hinter dem Pflug in der Ackerfurche. Der Turmfalke ist kein guter Vogeljäger. Während der Brutzeit zeigt der Turmfalke ein ausgesprochen territoriales Verhalten. Außerhalb der Brutzeit sind Turmfalken Einzelgänger.
Kennzeichen: Kleiner Falke. Oberseite rotbraun, Unterseite cremefarben, mit Tropfenfleckung. Flügelunterseite hell mit dunkler Querbänderung/Fleckung. Flügeloberseite bei ♂ + ♀ rotbraune Armschwingen und Oberflügeldecken mit Querbänderung, Handschwingen schwarzbraun. Langer Schwanz, der sich zum Ende hin verschmälert.
Turmfalken ♂ mit grauem Oberkopf, Kopf mit blaugrauem Bartstreif; Kehle meist hell cremefarben. Blauer Schwanz mit breiter schwarzer Subterminalbinde und schmalem weißen Spitzensaum an den Spitzen der Steuerfedern. Unterflügeldecken und Bauch fast weiß
Beim Turmfalken ♀ Oberseite einheitlich braun, mit kräftiger starker Fleckung bzw. Querbänderung; Handschwingen viel dunkler als beim ♂. Schwanz braun mit mehreren Querbändern und breiter Subterminalbinde. Die Unterseite ist beim ♀ dunkler und stärker gefleckt als beim ♂. Oberkopf rötlich zimtbraun mit heller Stirn; dunkler matter Bartstreif.
Schnabel: Basis gelblich, zur Spitze hin grau bis bläulich, Spitze dunkel; gelbe Wachshaut.
Juvenil: Juv. sehr ähnlich ♀ jedoch ist die Unterseite streifiger und die Handschwingen zeigen breite helle Spitzensäume
Füße: gelb; Krallen: dunkel
Iris: dunkelbraun
Größe: 31-37 cm
Gewicht: ca. 260 g
Spannweite: 68-78 cm
Stimme - Ruf: Sehr charakteristische Flugrufe als Reihe von „ki ki ki“-Lauten. Jungvögel und ♀ äußern wimmernde Bettelrufe.
Geschlechtsreife: Turmfalken werden bereits gegen Ende des ersten Lebensjahres geschlechtsreif.
Paarungszeit: monogame Saisonverbindung, wegen der hohen Nistplatztreue kommt es zu Wiederverpaarungen über mehrere Jahre.
Eiablage: in Mitteleuropa selten ab Mitte März, regelmäßig ab Anfang April, teilweise noch bis Mitte Juli.
Brutzeit: Ende März bis Ende Juli
Nest: Muldennest. Nester werden in Bäumen, an Felswänden, Steinbrüche und an bzw. in Gebäuden angelegt. Der Turmfalke nutzt alte Baumnester anderer Arten, z.B. alte Krähennester.
Neststandort - Brutrevier: Auf Bäumen, an Felswänden und in bzw. an Gebäuden. Im Siedlungsbereich werden Ruinen, Mauern, Brücken, Hochspannungsmasten (dort alte Krähennester oder ähnliches), Dachböden, Scheunen, Kirchtürme, alte Bunkeranlagen, selbst Erdhöhlen werden angenommen, wenn diese sicher vor Prädatoren (=Räuber und Beutegreifer) sind. Turmfalken nehmen auch entsprechend gebaute Nistkästen an.
Gelege: (mindestens 3) regelmäßig 4-6 (selten bis zu 7) Eier.
Eier: breitovale Form; glatte, glanzlose Schale; Farbe weiß bis gelblich-beige; mit dichter dunkelbrauner Fleckung.
Nachgelege: Zweitgelege sind möglich, Ersatzgelege bei frühem Gelegeverlust. Teilweise wird die Brut bei schlechtem Nahrungsangebot auch aufgegeben.
Legeabstand: 2-3 Tage, selten 4 Tage.
Brutbeginn: mit Ablage des dritten Eies.
Brutdauer: 27-32 Tage, ♀ brütet.
Schlüpfen: die Jungen des Geleges schlüpfen innerhalb von 3-5 Tagen.
Nestlingsdauer - Führungszeit: bedunte Nesthocker; die mindestens 1 Woche vom ♀ gehudert werden. Das ♀ füttert die Jungen mit der Beute, die vom ♂ gebracht wird. Diese Arbeitsteilung wird teilweise nur bis zum 15. Tag, teilweise sogar bis zum 30. Tag beibehalten.
Flügge: Junge Turmfalken sind meistens nach 27-32 Tagen flügge. Eine Woche vor dem Flüggewerden wird das Nest erstmals verlassen. Nach dem Flüggewerden verlassen die Jungen das Nest und fliegen tagsüber in Nestnähe umher, dabei sind auch die Bettelrufe zu hören; die Jungen werden noch vier weitere Wochen von den Altvögeln betreut und gefüttert. Erst danach sind die Jungen selbständig und die Familienbande lösen sich auf.
Nahrung: Sehr vielseitiges Beutespektrum: Kleinnager (Wühlmäuse), Spitzmäuse, Maulwurf, Reptilien, Kleinvögel, Insekten, Regenwürmer, als Ausnahme auch Fledermäuse. Täglicher Nahrungsbedarf liegt bei 60-80g.
Lebensdauer: Die mittlere Lebenserwartung eines ♂ liegt bei 4,5 Jahren und eines ♀ bei nur 2,8 Jahren. Der älteste bekannte Ringvogel eines Turmfalken erreichte ein Alter von 23 Jahren und 10 Monaten.
Mortalität - Sterblichkeit: Schätzungen zufolge liegt die Sterblichkeit im ersten Halbjahr bei 47%, danach liegt die Sterblichkeit immer noch bei 44% pro Jahr.
Feinde und Gefährdungen: Indirekt sorgt der Mensch durch Intensivierung und Technisierung der Landwirtschaft für den Bestandrückgang beim Turmfalken. Durch Einsatz von Pestiziden und quecksilberhaltigen Saatgut-Beizmittel sowie durch das Auslegen von Giftködern wird direkt in die Reproduktionsrate der Beutetiere eingegriffen. Dazu kommen die Umwandlung von Dauergrünland und kleinparzelligen Anbauflächen in großflächige Agrarsteppen. Der dadurch erhöhte Gülleeinsatz vernichtet dann in der Folge die noch existierenden Feldmausbestände.
Verluste im Straßenverkehr, Ausschießen von Nestern (illegal), jedoch ist das in Mitteleuropa nur noch selten der Fall. Prädatoren wie Krähen, Elstern und Dohlen können den Bruterfolg beeinträchtigen.
Verregnete Sommer können zu einer Verknappung des Beutespektrums führen und folglich entweder zum Aussetzen des Brutgeschäfts führen oder zur Aufgabe der Brut. Nahrungskonkurrenz besteht gegen den Mäusebussard und den Habicht.
Jagdbares Wild: Nein
Jagdzeit: Nein. Naturschutz
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1+2, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim
Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 3, Literatur und Anhang, Aula Verlag Wiebelsheim, 2. vollständig überarbeitete Auflage 1993
Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, AULA-Verlag Wiesbaden, 1985
Bruun/Singer/König/Der Kosmos Vogelführer, Franck'sche Verlagshandlung Stuttgart, 5. Auflage 1982
Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 4, Falconiformes, AULA-Verlag Wiesbaden, 2. durchgesehene Auflage 1989
Mebs, Theodor (†), Schmidt, Daniel, Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens, Franck-Kosmos Verlag Stuttgart, 2. Auflage 2014
Piechocki, Rudolf, Der Turmfalke, Die Neue Brehm-Bücherei, Band 116, VerlagsKG Wolf Magdeburg, 2004
Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011
Bundesamt für Naturschutz: Nationaler Vogelschutzbericht 2019 gemäß Artikel 12 Vogelschutzrichtlinie, Berichtsdaten aus dem Abschnitt Stu...U Brutvögel (pdf download)
Ei des Turmfalken: Attribution: Muséum de Toulouse, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons; File URL: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e5/Faucon_cr%C3%A9cerelle_MHNT.jpg; Page URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Faucon_cr%C3%A9cerelle_MHNT.jpg